Hier wird eine Unterrichtseinheit mit integrierter Werkstatt für das 11. Schuljahr vorgestellt. Autor ist Georges Wick, von 1967 bis 2005 Mathematiklehrer an Mittelschulen des Kantons Zürich, Schweiz. Er ist seit 2005 im Ruhestand. Im Herbst 2015 wurden einige Korrekturen und Ergänzungen gemacht. Die Unterrichtseinheit orientiert sich an den alten Vorstellungen von Musik als der Lehre von den Zahlen, die bei den Tönen vorkommen. Wer eine Ahnung hat von Potenzen, Exponentialfunktionen, Logarithmen und Sinusfunktionen, wird in eine Thematik eingeführt, in der außerordentlich viele Verbindungen zwischen Rechnen, Sehen, Hören und Spüren bestehen. Der Unterricht besteht aus Demonstrationen, Theorie-Abschnitten und Übungen.
Mit einer Werkstatt (schweizerischer Prägung) wird im Normalfall die Unterrichtseinheit abgeschlossen. Im Rahmen dieser Werkstatt kann das Besprochene verständlicher und das Angedeutete erlebbar gemacht werden. Es werden aber auch neue Fragen gestellt und Meinungen eingeholt. Die Unterrichtseinheit wurde mehrfach durchgeführt. Vor und nach jedem Durchlauf gab es Änderungen und Erweiterungen. Die neuesten Posten der Werkstatt sind jener über die Lautenbünde nach Zarlino und jener zur chinesischen Flöte. In diesem Grenzgebiet von Mathematik und Musik tauchen immer wieder Fragen auf, welche deutlich machen, was wir unter Wissenschaften verstehen, und wie diese Wissenschaften entstanden sind. So etwa Fragen
- über die Verknüpfung von Musiktheorie und Musikpraxis,
- über die Mathematik in fremden Diensten, als Werkzeug der Mystik, der Spekulation, des Experimentierens, des Modellierens,
- darüber, was Leonhard Euler bewogen haben könnte, seine Funktion zur Bestimmung des Gradus Suavitatis zu konstruieren,
- über den Wandel im Verständnis von Begriffen, der z.B. Anlass war für eine Nachkorrektur des Begriffs «gleichschwebend» zum Begriff «proportional schwebend»,
- darüber, ob Experimente gezielt nur den physikalischen, nur den physiologischen, nur den neuronalen, nur den psychologischen Anteil von «Tonempfindungen» ermitteln können,
- über die Rolle der Mathematik in der Theoriesprache der Musik.
Das Thema zeigt, wie weit der Rahmen eines Schulfachs sein könnte. Hier sind es die Probleme, für die man nach den adäquaten mathematischen Werkzeugen sucht. Und so wird dann gerechnet mit Potenzen, mit geometrischen Folgen und mit Logarithmen, in Anwendungen fern des schulmathematischen Alltags.
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Theorie «Schwingungen und Töne»
Erster Teil – Inhaltsverzeichnis
- Kreisbewegung
Allgemeines, Periode und Frequenz, Gleichungstypen, Aufgaben
- Schwingung
Kartesische Beschreibung der Kreisbewegung,
Einschränkung des Interesses auf y-Koordinate, Aufgaben
- Sinuston
- Mischen
Information, Bezeichnungen, Aufgabe
- Schwebung
Beobachtung, Bezeichnungen, Aufgabe, Feststellung
- Aliasing
Feinheit der Darstellung, Folgerung, Aufgabe
- Synthesizer-Bausteine
Oszillatoren, Operatoren auf allen Signalformen,
Operator mit Impulssignal in der Rolle «controlled»
- Vergleichen
Beobachtung, Zum Entstehen einer Lissajousform,
Aufgaben und Folgerungen, Zeit- und Winkeldifferenzen
- Lösungen der Aufgaben
Zweiter Teil – Inhaltsverzeichnis
- Intervalle
Definition, Intervalle im multiplikativen Sinn, Redewendungen,
Das logarithmische Maß von Intervallen, Aufgaben,
Eine Klavieroktav, Äquivalenz von Intervallen,
Darstellung von Intervallen durch Lissajousformen
- Klang, Ton, Frequenzspektrum
Klänge und Töne, Klang- und Tonfunktion, Einfache Klänge,
Frequenzspektrum, Aufgaben, Posaune,
Erste Warnung, Zweite Warnung
- Zweiklänge – Wohlklänge
Einfache Töne, Grade des Wohlklangs
- Verstimmte Wohlklänge
Verstimmte Prim, Verstimmte Oktav, Verstimmte Quint,
Verstimmte Quart, Die Quart-Quint-Regel
Dritter Teil – Inhaltsverzeichnis
- Siebentonleitern
Konzept, Die pythagoräische C-Dur-Tonleiter, Die reine C-Dur-Tonleiter,
Die C-Dur-Tonleiter «7-aus-12-gleichen»,
Die C-Dur-Tonleiter «7-aus-31-gleichen»
- Pythagoräische Leitern mit mehr als sieben Tönen
- Der Stimmungskreis als Rechenhilfe
- Andere Zwölftonstimmungen
Pythagoräische Stimmung, Reine Stimmung, Mitteltönige Stimmung,
Eine Stimmung von Werckmeister, Eine Stimmung von Kirnberger,
Eine Stimmung von Vallotti, Eine Stimmung von Kellner
- Stimmung und Temperatur
Reine Stimmungen , Temperierte Stimmungen
- Zum Begriff «gleichschwebend»
Zitate, Die Fehldeutung, Die alten Bedeutungen,
Zur Schwebungsfrequenz «gleichschwebender» Quinten
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Werkstatt
Kurzbeschreibung der Posten
- Singen
Sie müssen einen wunderschönen Sinuston singen. Er sollte schöner sein, als der Ton von der Kassette. Dann versuchen Sie zum Stimmton in reinen Intervallen zu singen, in Prim, in Oktav, in Quint, in Quart.
- Stimmen
Auf einer Kantele sollen Sie Saiten in Prim und in Oktav stimmen. Sie verlassen sich dabei allein auf Ihr Gehör und Ihren Tastsinn. Das Stimmgerät dient nur zur nachträglichen Kontrolle.
- Keyboard-reine Intervalle
Mit Hilfe eines Yamaha DX11 und eines Oszilloskops werden Sie die Analogie «reine Klänge – einfache Lissajousfiguren» erleben. Wenn Sie musikalisch versiert sind, können Sie noch die «Yamaha-reine» Stimmung für eine C-Dur-Tonleiter berechnen.
- Reinheitsgrad
Zuerst zur Praxis: Sie müssen Intervalle nach Ihrem Gefühl in eine Rangordnung bezüglich Reinheit stellen. Dann zur Theorie: Es wird Ihnen vorgeführt, wie Euler rein mathematisch mit einer Funktion – er nennt sie «Gradus Suavitatis» – Intervalle in eine Rangfolge gestellt hat. Wer weiß, vielleicht sind Eulers Kopf und Ihr Gefühl ein Herz und eine Seele.
- Texte
Es liegen Ihnen zwei lateinische Texte von Guido von Arezzo vor. Der erste, musiktheoretische Text handelt von den Namen der Töne. Der zweite Text ist eine Fürbitte an den heiligen Johannes. Sie gehört zu einem Lied, das im Mittelalter als Eselsleiter diente. Bearbeiten Sie nur einen der beiden Texte.
Übrigens: Claudio Monteverdi hat den zweiten Text neu vertont. Siehe erste Strophe von Nummer 31 in der – im Jahre 1641 in Venedig erschienenen – Sammlung geistlicher Musik «SELVA MORALE E SPIRITVALE».
- Tastenzahloptima
Wird die Oktav in n gleiche Intervalle unterteilt, so lassen sich die reine Quint und die reine Terz nur fehlerhaft erzeugen. Ist für ein bestimmtes n der Fehler klein, so wollen wir sagen: «Dieses n ist gut». Mit Hilfe des Tabellenkalkulationsprogramms Excel werden Sie jene n finden, die besser als alle ihre Vorgänger sind.
- Posaune
Sie müssen herausfinden, welche Naturtöne dieses einfachen Blasinstruments in die Zwölf-Ton-Leiter auf dem Klavier passen.
- Fünftonleitern
Sie werden drei Fünftonleitern rechnen müssen. Dann können Sie diese noch anhören und ihren besonderen Charakter wahrnehmen.
- China-Flöte
Sie berechnen die Pfeifenlängen einer Pan-Flöte nach altchinesischer Manier, wie sie zum Beispiel im Buch «Frühling und Herbst des Lü Bu We» beschrieben ist. Sie schneiden entsprechend lange Plastikröhrchen und bauen sich eine eigene Flöte mit fünf Pfeifen. Zum Schluss versuchen Sie auf Ihrer Flöte Melodien zu spielen.
- Stimmungen
Stimmungskreise sind graphische Darstellungen von Stimmungen. Sie zeigen in Farbtönen die Qualität der in der Stimmung verwendeten Quinten und Terzen. Ihre Aufgabe ist es vier oder fünf Stimmungen und die zugehörigen Stimmungskreise zu untersuchen.
- Lautenbünde
Bünde auf Lauten und Gitarren legen automatisch eine gleichstufige Stimmung fest. Sie lernen eine konstruktive Methode zum Setzen von Bünden kennen, die Zarlino 1588 veröffentlicht hat. Die Methode basiert auf der Konstruktion des geometrischen Mittels mit Hilfe des Höhensatzes. Sie führen die Konstruktion selber aus.
Kontakt mit dem Autor:
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Mediographie
In der Mediographie sind – geordnet nach den Namen der Autoren – Titel von Büchern, Artikeln und Tonträgern aufgelistet.
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