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NACHRUFE
(geordnet nach dem Todesjahr)
 
>>    Ulrich Wick-Höfliger 1908-1976
 
>>    Kaspar Höfliger-Reichmuth 1903-1983
 
>>    Karl Höfliger-Lüber 1911-1984
 
>>    Theres Höfliger-Reichmuth 1911-1989
 
>>    Anton Höfliger-Müller 1917-1989
 
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LEIDBILDCHEN, TODES- UND TRAUERANZEIGEN
(geordnet nach dem Todesjahr)
 
>>    Werner Höfliger 1905-1931
 
>>    Hans Höfliger 1913-1938
 
>>    Martha Höfliger-Walker 1907-1939
 
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>>    Anna Müller-Höfliger 1901-1968
 
>>    Maria Höfliger-Müller 1917-1981
 
>>    Josy Creola 1949-1983
 
>>    Kaspar Höfliger-Reichmuth 1903-1983
 
>>    Karl Höfliger-Lüber 1911-1984
 
>>    Elisabeth Vorburger-Höfliger 1915-1985
 
>>    Karl Creola-Höfliger 1906-1988
 
>>    Theres Höfliger-Reichmuth 1911-1989
 
>>    Anton Höfliger-Müller 1917-1989
 
>>    Alois Vorburger-Höfliger 1914-1990
 
>>    Josefine Creola-Höfliger 1908-1993
 
>>    Olga Höfliger-Walker 1914-1994
 
>>    Josef Höfliger-Walker 1902-1994
 
>>    Dominik Müller 1928-1996
 
>>    Margrit Höfliger-Lüber 1910-2003
 
>>    Ferdinand Höfliger-Kolb 1935-2011
 
>>    Helen Niedermann-Bachmann 1949-2012
 
>>    Walter Müller-Krucker 1935-2015
 
>>    Annemarie Landolt-Müller 1938-2023
 
>>    Reini Vorburger 1944-2023  
 
 
DOKUMENTE
 
>>    Wollerauerlied
 
 
ANHANG
 
>>    «Bettelprälat» Franz Höfliger 1892-1985
 



     
 
WOLLERAUERLIED
 
Vom – am Narrenkongress 1968 aus der Taufe gehobenen – «Wollerauerlied» konnten auch prominente Wollerauer (Toni Höfliger jun. und Jürg Jakob) keine Noten auftreiben. Die mündliche Überlieferung hat dazu beigetragen, dass mehrere unterschiedliche Versionen im Umlauf sind. Mit Hilfe von zwei Tondokumenten habe ich versucht die Melodie zu rekonstruieren. Diese Rekonstruktion gibt die Originalfassung sicher nicht korrekt wieder. Korrekturen sind darum sehr willkommen und per E-Mail zu schicken an «geor@gwick.ch».
 
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Rekonstruktionsversuch Februar 2023


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Ulrich Wick-Höfliger
*  3. November 1908
† 13. November 1976
 
Verfasser:   Josef Wick, Pfarrer
 
Vorgetragen:
Wahrscheinlich im Beerdigungsgottesdienst
am 17. November 1976 in der Ursula-Kapelle
in Kempraten
  
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Jesus hat sich einmal seinen Jüngern, seinen Anhängern, seinen Freunden zugewandt und hat ihnen verheißen:
 
                            «Selig . . .».
 
Diese Seligpreisungen tragen sozusagen den Stempel von Jesus selber, sein Siegel. Er selber hat daraus gelebt – und ist dafür in den Tod gegangen – damit ein Bedürftiger, ein Trauriger, gar ein Verfolgter, nicht zu verzweifeln braucht. Sowieso nicht einer, der barmherzig, sanftmütig ist, einer, der Frieden stiftet.
      Diese Zusage, getragen vom Lebensbeispiel seines Herrn, hat den Verstorbenen begleitet. Sie hat ihn getragen. Und er, er hat mitgeholfen, dass diese Seligpreisungen keine leeren Floskeln sind. Dass sie Leben tragen. Dass sie Zukunft schenken denen, die mit ihm lebten, denen, die ihn jetzt irdisch überleben, und ihm selber, der – für uns alle überraschend – in den Tod gegangen ist und nun – wie wir hoffen und glauben – ungefährdet erleben darf, was es mit der vollen Seligkeit auf sich hat, was sie in sich hat.
      Ulrich Wick ist am 3. November 1908 in Zuzwil zur Welt gekommen. Als Jüngster von zwölf Kindern. Vier seiner Geschwister leben noch. Es ergab sich von selber, dass die große Familie zusammenhalten musste, um die dürftigen, für die Heimstickerei manchmal sehr kritischen Jahre zu überstehen.
      Nach dem Besuch der Primarschule in Zuzwil und der Sekundarschule in Wil trat Ulrich in die Käserlehre ein bei seinem älteren Bruder Karl in der Schwand bei Menzingen. Nach der Lehre arbeitete er in verschiedenen Betrieben, absolvierte 1930 die Molkereischule und kaufte die Milch in der Unterhalden bei Benken. 1934 war ein glückliches Jahr, ein glücklicher Auftakt für ihn und für seine ihm angetraute Marie Höfliger aus dem Ried bei Wollerau, die ihm eine treue Lebensgefährtin und den Kindern eine umsichtige Mutter war. Nach einem Aufenthalt in Engi / Glarus wurde Rapperswil 1937 zur Heimat erkoren. In der Molkerei – Centrifuge hieß sie früher – gab es viel Arbeit. Betrieb vom Morgen bis zum Abend. Der Lärm von der Güterexpedition und von der Straße her und auch vom internen Geschiebe mit Milchkannen hinderte Ueli nicht, ein Lied anzustimmen und durchzustrophen. Was manchmal dazu führte, dass sich Zaungäste heranmachten und dann prompt – trotz der Arbeit, die einfach erledigt werden musste – zu einem Verschnaufpäuschen eingeladen wurden. Arbeit, strenge Arbeit, aber in einem bewusst humanen Rahmen, der noch so ein Intermezzo zuließ. Und wenn dies nicht tagsüber stattfinden konnte, dann eben nach Feierabend, oder auf einer Ausfahrt mit dem Jassklub.
      Hier in der Molki sind sechs Kinder in einer behüteten und doch offenen Atmosphäre groß geworden. Der jetzt verstorbene Vater war für sie da, und dafür sind sie ihm dankbar. Anno 1959 ist die Familie umgezogen und hat ein neues Geschäft an der Etzelstraße aufgebaut.
      Als Ulrich das Geschäft 1967 seinem Sohn übergab, blieb er dessen gewissenhafter Mitarbeiter; er konnte nicht einfach nichts mehr tun. Auch ab 1973 nicht, als Ueli und seine Frau zusammen mit der Familie ihrer Tochter ins neugebaute Heim an der Rebhalde zogen. Das war nicht einfach ein Rückzug, um mit anderen Leuten nichts mehr zu tun zu haben. Ueli blieb regelmäßig, jeden Tag, im Einsatz. Und sein Heim blieb offen nicht nur für seine eigene Familie, für seine Kinder und deren Kinder, mit denen er so gut spielen und spassen konnte. Auch andere Leute kehrten dort gern zu, weil sie den leutseligen und frohmütigen Menschen schätzten.
      Die schöne Stimme zum Singen hat er hinübergerettet in die Rebhalde. Er hat sie schon mitgebracht aus Zuzwil, geweckt von seinen älteren Geschwistern. Er hat sie gepflegt in seiner eigenen Familie, hat sie geübt im Sängerbund. Und sie hat sich jeweils von selber gemeldet, wenn er sich traf mit seinem, anfangs Jahr verstorbenen Bruder Schorsch, den er zu Allerheiligen auf dem Joner Friedhof noch besucht hat. Sie haben sich oft gesehen: zwei Brüder, zwei Freunde. Ob mit oder ohne Zuhörer, zweistimmig erklang «In diesen heiligen Hallen» oder «Sänne, stönd uf». Schorsch klar hoch, Ueli kräftig tief. Auch religiöse, kirchliche Lieder erklangen da. Nicht um etwas vorzumachen, sondern, weil sie darin lebten. Ein Zeugnis für uns. Auch für mich. Ueli war seit bald vierzig Jahren mein Götti. Und er bleibt’s.
      Der Verstorbene erfreute sich einer guten Gesundheit. Bis diesen Sommer, als ihn der Hausarzt zu einem Untersuch ins Kantonsspital Zürich anmelden musste. Bescheid: akute Verengung der Blutbahn vom Herzen aus. Eine Operation war angezeigt. Ueli hat sich gewissenhaft darauf eingestellt und sich eingeschränkt, und dabei den Frohmut nicht verloren. Am Sonntag vor einer Woche wallfahrtete er mit seiner Frau nach Maria Einsiedeln. Auch wenn die Aussichten nach Aussagen der Ärzte gut standen, wollte er sich rüsten. Nicht aus Zufall in Einsiedeln. Er war mit dem Kloster, und mit vielen Klöstern eng verbunden.
      Am Montag durfte er nach einern letzten Untersuch vor der Operation nochmals heim. Er hat sich darob gefreut und am Mittwochmorgen seine gewohnte Arbeit noch erledigt. Der Bescheid nach der Aorta-Operation am Donnerstag war normal. Am Freitag kam er wieder zu sich und richtete allseits Grüße aus. Aber am Samstagmorgen hat die Lunge – nicht voraussehbar – nicht mehr mitgemacht.
      Ueli ist von uns gegangen. Er ist heimgegangen. Er ist in Frieden, wie es in der Todesanzeige aufgrund des Weisheitsbuches aus dem Alten Testament heißt. Und er wird wohl singen, was – wenn ich mir das Unvorstellbare vorstelle – zur Seligkeit gehört. Nicht bloß wegen der eigenen schönen Stimme, sondern weil die Freude, die Beglückung, die Seligkeit in Gott übermächtig sein muss.
 

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Kaspar Höfliger-Reichmuth
* 20. Dezember 1903
† 29. Juni 1983
 
Verfasser:   Unbekannt
Erscheinungsort:   Unbekannt
 
 
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Chasper, warum hast Du so rasch von dieser Welt Abschied genommen! Du hattest doch noch manches vor, die Feier der goldenen Hochzeit und der Erfüllung des achtzigsten Lebensjahres im kommenden Winter. Vieles hattest Du dafür vorbereitet und es kam alles ganz anders. «Gottes Wege sind nicht unsere Wege».
 
Wir erinnern uns mit Freude der Stätte Deiner Jugend, des Riedhofes, wo Dein lebhafter Vater Josef den Landwirtschaftsbetrieb führte und wo Deine still sorgende Mutter Anna, geb. Portmann dem Haushalt vorstand und die wachsende Zahl der Kinder – sechs Buben und fünf Mädchen – zu guten, brauchbaren Menschen erzog. Aber nach harten Werktagen blühte am Sonntag in Eurer geräumigen Bauernstube der Frohsinn, – bei den Buben sicher auch etwa der Leichtsinn!

Schon während der Schulzeit und erst recht der Schule entwachsen, halfst du mit großem Eifer in Stall und Feld. Mit Deinem älteren Bruder Josef übernahmst Du nach dem Tode des Vaters das Heimwesen. Bei Deiner Heirat anno 1933 teiltet Ihr das Gut. Eine kluge Tat, die Dich und Bruder Josef keineswegs hinderte, einander immer wieder mit Rat und Tal beizustehen.
 
Vor 50 Jahren führtest Du die Nachbarstochter Theres Reichmuth an den Traualtar. Du wähltest eine tüchtige Gattin, die neben ihren Aufgaben im Haushalt und Familie wacker in Feld und Stall mithalf.
 
Eure Ehe war mit drei Knaben und drei Mädchen gesegnet; Werner starb in frühen Jahren. Alle konnten sich gute Lebensstellungen schaffen. Du warst ein strenger, aber guter Vater, so dass Deine Kinder an ihrem «Tädi», und die elf allmählich anrückenden Enkel an ihrem «Großtädi» hingen und Du an der Familie Deine stille, großes Freude hattest. Als Du, älter geworden, Sohn Ferdi das Heimwesen übergabst, bliebst Du ihm ein treuer Helfer. Das zeigt ein Bild im Heimatbuch «Höfnerland Höfnerlüüt »: Kaspar Höfliger, altersgrau, noch mit flinken Händen beim «Chriesne».
 
Mit Deinen Geschwistern und ihren Familien bliebst Du zeitlebens eng verbunden. Wir sehen die Familie Höfliger vom Ried an der Kilbi, an Allerheiligen, am runden Geburtstag eines Familienangehörigen. Du, alle lückenlos dabei. Ein Sippenbewusstsein und Familiensinn, geprägt von gegenseitiger Unterstützung, Erfahrungsaustausch froher Art. An Eurer Familie und den Nachkommen konnten und können wir ablesen, welch' gesunde Kräfte heute noch aus den Bauernfamilien in unser Volk strömen!

Du warst auch mit Deinem Berufsstand, der Bauernsame, verbunden, wusstest ihre Interessen zu wahren im persönlichen Gespräch, in der öffentlichen Diskussion, in verschiedenen Organisationen, so in der Milchverwertungs-Genossenschaft Wollerau, in der Sennengesellschaft Feusisberg, im Bauernverein, in der Raiffeisenkasse Höfe, wo Du viele Jahre im Vorstand mitwirktest.
 
In den letzten Jahren hattest Du, Chasper, mehr Zeit für Ausflüge, besonders für Besuche von Alpweiden. Das waren Deine Ferien, denn wochenlanges Fernbleiben von daheim hättest Du nicht ertragen. Wir erinnern uns auch, wie Du an einer der traditionellen Exkursionen der Korporation noch vor kurzen Jahren wie ein junges Reh das steile Bord des Scheerenwaldes erstiegest!
 
Groß war Dein Interesse am öffentlichen Geschehen. Du hattest es nicht gestohlen, nur geerbt. Dein Großvater Johann Josef Höfliger in der Eulen – von dort stammt Deine Familie, dort stand Deine Wiege – war Gemeindepräsident von Freienbach. Durch aufmerksames Beobachten, in lebhaften Debatten, aus Zeitungen, mit kritischem Sinn verfolgtest Du das Tun und Lassen der Behörden und der Mitbürger. Es gab wenig Gemeindeversammlungen und Korporationsgemeinden, an denen Du fehltest. Gar oft ergriffst Du das Wort und gabest frei und offen, manchmal fast schroff, Deine Meinung kund. Mit Dir die Klinge zu kreuzen war nicht leicht. Aber Du warst vom Guten beseelt.
 
Dem öffentlichen Leben stelltest Du Deine Fähigkeilen in reichem Maße zur Verfügung. Als liberaler Vertreter kamst Du 1948 in den Gemeinderat. Dort hieltest Du es nur eine Amtsdauer aus. Du fandest zu wenig Unterstützung für Deine Anregungen.
 
Daneben warst Du in Straßenkommission und Schulrat während langer Zeit aktives Mitglied. Als Nachfolger von Karl Großmann gehörtest Du von 1961-1970 dem Bezirksrat Höfe an. Wie warst Du glücklich, als – auch dank Deiner Mitwirkung – die jährliche Viehausstellung in Wollerau eingeführt, und wie betrübte es Dich, als diese nach Schindellegi verlegt wurde.
 
Auf Deine Anregung geht der Bau des Höfner Rathauses zurück. Wir lesen im Bezirksratsprotokoll von 4. Juli 1968: «Ratsherr Kaspar Höfliger stellt den Bau eines eigenen Bezirksgebäudes zur Diskussion. Der Raumbedarf (Notariat, Gerichtskanzlei, Bezirksamt) rechtfertigt den Bau des bezirkseigenen Hauses». Für diesen weisen und mutigen Antrag danken wir Dir, Kaspar, dankt Dir die Nachwelt.
 
Nebst Familie, Beruf und Amt beschäftigte Dich noch manches. Als Train-Soldat leistetest Du im Zweiten Weltkrieg Aktivdienst, warst ein gewissenhafter Wehrmann und geselliger Kamerad. Wegen vorschriftswidrigen Verhaltens der Einheil kriegte die Mannschaft einmal scharfes Ausgehverbot. Deine Schnaps-«Wentele» im Strohlager, die ein «höheres Tier» entdeckte, war mitschuldig daran!
 
Dein frohes Wesen war immer da. Witz und Neckerei auf den Lippen, verbreitetest Du Lebensfreude um Dich und warst wohlgelitten.
 
Bis zum letzten Jahr war Kaspar Höfliger nie ernsthaft krank. Nach zwei kurzen Spitalaufenthalten war er rasch wieder auf den Beinen. Auch die Kniebeschwerden, die im Juni Behandlung in der Zürcher Universitätsklinik erforderten, wurden rasch behoben. Als die Gesundheitskontrolle beim Hausarzt zufriedenstellend verlief, suchte er am nächsten Morgen bereits wieder seinen geliebten Stall auf. Kurze Zeit darauf fand man ihn – zusammengebrochen – tot in der Tenne. Dort, wo er zeitlebens voll Eifer gewercht, beendete er sein Lebenswerk. Sein Wunsch, nicht lange im Krankenbett liegen zu müssen, ging in Erfüllung. So schloss sein Leben abgerundet, friedlich.
 
An der Bestattung hörten wie die gute Nachricht vom Samenkorn, das in die Erde fällt, stirbt und doch tausendfältige Frucht bringt. Dieses Werden, Vergehen und Auferstehen in der Natur hat der Verstorbene immer wieder erlebt.
 
Nun ist auch, was an ihm sterblich, in die Erde gelegt. Seine Seele aber ist heimgekehrt zum Schöpfer, eingetreten in die Liebe und Schönheit des allgütigen Gottes. Das, und die treue Erinnerung an Gatten, Vater und Bruder, wird den Hinterbliebenen Trost sein. Wir versichern sie unseres aufrichtigen Beileids.

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Karl Höfliger-Lüber
*  1911
†  3. Mai 1984
 
Verfasser:   vb.   CVP Bezirk Affoltern
Erscheinungsort:   Unbekannt
 
 
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Für uns alle unerwartet, ist die Botschaft vom Tode unseres langjährigen Parteimitgliedes, Freundes und unermüdlichen Helfers Karl Höfliger eingetroffen.
      Für ihn, dem der wohlverdiente Ruhestand zu gönnen gewesen wäre, hat der Schöpfer eine andere Bestimmung vorgesehen.
      Schon früh, als frischgebackener Webermeister, hast Du Karl, Deinen Mann gestellt und voller Tatendrang und fleißigem Einsatz Deinen geliebten Beruf ausgeübt. Oft waren Deine Aufgaben nicht leicht, herrschten doch damals noch recht eigene «Sitten» in der Textilbranche. Deinen Untergebenen hast Du nicht nur den Meister, sondern auch den mitfühlenden Menschen und den verständnisvollen Partner zwischen Chef und Arbeiter gezeigt und vorgelebt.
      Unser Parteislogan «Für menschliche Werte» war für Dich kein leeres Schlagwort, sondern eine Aufforderung und Aufgabe zugleich, sei es in der Familie, im Geschäft oder in der Politik, Dich für diese Werte voll einzusetzen. Dies ohne großes Aufsehen, dafür um so mehr mit Überzeugung und Liebe zum Mitmenschen und zur Sache. Immer bist Du Karl, zu Deiner Überzeugung  gestanden und wurdest daher von jedermann als integeren und pflichtbewussten Menschen geschätzt. Diese Wertschätzung führte denn auch dazu, dass Du von 1966 bis 1974 dem Gemeinderat, von Affoltern a. A. angehören durftest. Als «Gesundheitsminister» hattest Du die  nicht immer leichte Aufgabe, mitzuhelfen, die stets zunehmenden Probleme der modernen «Umweltverschmutzung zu lösen, oder aber einen bestmöglichen Lösungsweg zu suchen. Nie warst Du stur, oder nur immer von der eigenen Idee als beste Lösung vorbelastet. Nein, auch die Ansicht des anderen hast Du immer geachtet und respektiert, ja, wenn diese Dir besser erschien, sogar anerkannt. Vital, zielbewusst und mit der notwendigen Prise Humor gewürzt, hast Du Karl, manche Klippe umschifft und manch verfahrene Situation durch Deine ehrliche und frohe Natur zum Guten gewendet
      Viel Einsatz und unermüdliche Kleinarbeit steckte auch hinter Deinem Amt als Parteivorstand und Präsident der CVP-Ortsgruppe Affoltern a. A.
      Du hast aber über all Deiner Arbeit für die Öffentlichkeit Deine Liebsten in der Familie, Deine Freunde, Verwandten und Nachbarn nie vergessen.
      Ob bei einem gemütlichen Schwatz über den Gartenzaun,  oder bei der behutsamen Pflege Deines so geliebten Gartens, immer warst Du von ganzem Herzen dabei. Manch fröhliche und kameradschaftliche Stunde durftest Du auch beim Gesang im Männerchor verbringen. Viel Freude erlebtest Du auch mit Deinen Enkelkindern und im Kreise Deiner geliebten Familie nach der Pensionierung.
      Leider wurde diese Freude getrübt, als Dich anfangs 1981 die ersten Anzeichen einer Krankheit belasteten.
      Doch Dein ungetrübter Optimismus ließ es nicht zu, Dich jemals klagen zu hören, im Gegenteil, auch in dieser Situation hattest Du immer noch ein gutes und aufmunterndes Wort für alle anderen bereit.
      Wenn wir heute an Deinem Grabe stehen, neigen wir beschämt das Haupt vor Dir, denn nicht jeder von uns kann von sich behaupten, eine solch großes und manchmal auch undankbare Aufgabe mit soviel Feinfühligkeit, Mitgefühl und ohne großes Aufsehen gelöst zu haben. Wir werden Deine frohe Natur, Dein herzhaftes Lachen und Deine Bescheidenheit vermissen, hoffen jedoch, Dich als Vorbild noch lange in unseren Gedanken zu bewahren. 
 

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Theres Höfliger-Reichmuth
* 21. März 1911
† 23. Mai 1989
 
Verfasser:
   Unbekannt
 
Erscheinungsort:
   Höfner Volksblatt vom 23. Juni 1989
 
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Mit Wehmut, aber auch mit Dankbarkeit, nahm die große Familie von Theres Höfliger-Reichmuth bei der Trauerfeier in der Wollerauer Kirche und auf dem Friedhof Abschied von ihrer lieben Mutter, die am 23. Mai im Spital von Einsiedeln ihren Lebensweg beschloss. Ein von vielen Mühen erfülltes Frauenleben war das Schicksal der Heimgegangenen, die seit ihrer Heirat mit Kaspar Höfliger im November 1933 zeitlebens im währschaften Bauernhaus im Ried wohnte.
 
Theres Höfliger-Reichmuth kam am 21. März 1910 als Tochter des Bauernmannes Franz Reichmuth und der Theresia geb. Birchler in Bäch zur Welt. Nach einiger Zeit zog die Familie in das heutige Fässler-Anwesen im Fällmis und von dort für sechs Jahre nach Heiterschen Wängi im Thurgau: Als ihr Vater anno 1928 im Ried-Wollerau ein Heimwesen erwerben konnte, fand die Familie Reichmuth hier ihren endgültigen Wohnsitz.
 
Die bescheidene Größe des väterlichen Betriebes zwang die acht Reichmuth Kinder zum «Verdienen». Theres und ihre Schwester Josy wanderten täglich in die Wädenswiler Tuchfabrik Fleckenstein – heute wäre ein solch langer Arbeitsweg bei jedem Wetter undenkbar.
 
Kaspar Höfliger vom Nachbarhof im Ried hatte indessen bald Kontakt mit der hübschen Tochter gefunden. Als er einen Teil des väterlichen Heimwesens zu eigen bekam, baute er eine neue Scheune und führte am 13. November 1933 seine ihm angetraute Theres in jene Hälfte des großen Hauses, dessen südlich gelegener Teil Eigentum der Familie Weber war (und heute noch ist). Mit Gottvertrauen und viel Optimismus beschritt das junge Paar seinen gemeinsamen Lebensweg. Da gab es für Theres viel zu tun Ferien waren für sie ein Fremdwort. Der bäuerliche Beruf erfüllte sie voll und ganz. Im August 1934 durfte sie ihr erstgeborenes Kind Theres in die Arme schließen, dem ein Jahr darauf der ersehnte Stammhalter Ferdinand folgte.
 
Mit Werner, Margrit, Hedy und Fredy vergrößerte sich allmählich die Familie. Alle sechs Kinder durften stets die Liebe und Fürsorge ihrer Mutter spüren. Neben dem Haushalt besorgte Theres auch einen großen Garten und half – später unterstützt von ihrer Mutter – auch auf dem Feld mit. Besonders schwer war für sie die Kriegszeit, als die Last des ganzen Betriebes wegen Militärdienst ihres Gatten auf ihr lastete. Dazu kam noch im Herbst 1946 der Tod ihres sechsjährigen Buben Werner, der nach kurzer Krankheit starb und dessen Verlust sie zeitlebens nie ganz verkraftete.
 
Als ihre Kinder ausflogen und ihr eigenes Haus gründeten, kam für Theres endlich eine etwas ruhigere Zeit. Am liebsten blieb sie – im Gegensatz zu ihrem Gatten Kaspar, dem kontaktfreudigen Bauernpolitiker – daheim und führte gerne ein freundliches Gespräch mit Besuchern und Spaziergängern, die im Ried vorbeikamen. Besonders stolz war sie auf die beruflichen Erfolge ihrer Kinder freute sich an ihren Besuchen mit den Großkindern, die auf ein Dutzend anwuchsen und zu denen sich zuletzt noch ein Urgroßkind gesellte.
 
Im Sommer 1983 - ein paar Monate vor ihrer Goldenen Hochzeit – erlag ihr Gatte Kaspar einem Herzschlag. Obwohl sie ihre Kinder und auch ihre Schwiegertochter Julia stets umsorgten, verlor Theres allmählich ihre Lebensfreude. Ein unglücklicher Armbruch erforderte ihre Einweisung ins Spital Einsiedeln, wo ihr Lebensmut – trotz vorbildlicher Pflege des Spitalpersonals – ganz zusammenbrach. Nach zehnwöchigem, geduldig ertragenem Leiden durfte sie bei Anwesenheit ihrer Töchter friedlich einschlafen.
 
Nicht allen Menschen ist ein solch langes, erfülltes Leben beschieden. Für ihr unermüdliches Schaffen und Sorgen ist ihr gewiss der himmlische Lohn sicher. Möge sie allen in guter Erinnerung bleiben.
 
(Diese Angabe ist falsch. Richtig wäre 1943.)

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Anton Höfliger-Müller
* 22. Oktober 1917
† 20. Oktober 1989
 
Verfasser:
   K. Bachmann, Alt-Notar
 
Erscheinungsort:
   Höfner Volksblatt vom 17. November 1989
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Anton Höfliger-Müller, alt Ratsschreiber, Wollerau
 
Lieber Toni
Du hast, so jäh Abschied nehmend, eine große Lücke zurückgelassen. Du fehlst Deiner Familie, Deinen Freunden und Bekannten. Wo bleibst Du nur? Wehen Herzens holen wir Dich mit diesen Zeilen in unsere Erinnerung zurück.
 
Dein Jugendland
war der Riedhof, Bauerngut südwestlich des Dorfes. Am 22. Oktober 1917 kamst Du hier zur Welt. Deine Eltern Josef und Anna Höfliger-Portmann, fünf Brüder und fünf Schwestern erwarteten Dich. Hier wuchsest Du auf. Dein Vater war ein tüchtiger Bauer und Deine Mutter die fleißige, fromme Hausmutter. Politik wurde in der Familie groß geschrieben. Es ging oft lebhaft zu. Emsigkeit herrschte während der Woche, Fröhlichkeit am Sonntag in der geräumigen Bauernstube und rings ums Haus. In unserer Erinnerung an diese Zeit bist Du der eher kleine, blonde, schüchterne Junge. Aber es steckte viel hinter Dir. Du besuchtest die Primarschule bei den Lehrschwestern aus Menzingen und Vater Alois Suter. Du gingest zur Sekundarschule zum Bündner Dr. Plazi Sialm und ein Jahr in die 3. Sek nach Wädenswil. Das konnten nur intelligente Schüler. Es kündigte sich Gutes an!
 
Die Berufslaufbahn
Du begannst die Schriftsetzerlehre in der Buchdruckerei Mathe Theiler-Helbling, hattest Freude am Beruf und wurdest ein erprobter Jünger Gutenbergs. 1947 nahmst Du den Wechsel zur Buchdruckerei Jakob Baumann, Florhof, Wädenswil, vor, stiegst – dank Fleiß, Schaffenskraft und Intelligenz – in kurzen Jahren zum Faktor und zuletzt Lokalredaktor des weitverbreiteten «Allgemeinen Anzeigers vom Zürichsee» auf.
      Im ständigen Kontakt mit der Bevölkerung (auch am Stammtisch!), in steter Verfolgung des Geschehens bürgtest Du für Aktualität. Wurde Dir das Gegenteil vorgeworfen, weil zu spät informiert, so Deine träfe Antwort: «Jedes Dorf hat die Zeitung, die es verdient.» Nacht-, Samstags- und Sonntags-Arbeit, die immerwährende Hetze eines Journalisten, behagten Dir auf die Länge nicht und so kehrtest Du mit 62 Jahren Deinem Beruf den Rücken.
      Du bewarbst Dich um die Stelle eines Ratsschreibers unseres Bezirkes und wurdest ehrenvoll gewählt. Die große Liebe zur engeren Heimat, Dein lebhaftes Interesse am Staate kam Dir zugute. Du kanntest den Großteil der Bevölkerung und fandest raschen Kontakt mit allen Schichten des Volkes. Das half in manchen Situationen. In den relativ wenigen Jahren Deiner Amtstätigkeit (1978–84) hast Du viel Dienstbereitschaft und bestes Können an den Tag gelegt. In Deinen Tätigkeitsbereich fielen alle Fragen um den Bau des Rathauses Wollerau. Dass alle Bezirksammänner und Ratskollegen Dir die letzte Ehre erwiesen, ist Beweis der Hochschätzung. Ein otium cum dignitate hast Du nie angetreten, in der Arbeit fandest Du, auch in älteren Tagen, die Erholung.
– Doch drehen wir Jahrzehnte zurück:
 
Ein verdächtig großes Lebkuchenherz . . .
von Dir gestiftet, kündigte in den 40er Jahren der Klassenkameradin Marie Müller, wohnhaft in der Roos, Deine Verehrung und Liebe an. Relativ spät, mit 30 Jahren, tratet Ihr in die Ehe. In der Wohnung Deiner Schwiegereltern, an der Färberstraße, im heimeligen Schwyzerhaus (1757), mit den rotblühenden Geranien vor den Fenstern, fandest Du eine glückliche Heimstatt. Wir hören noch Marieli, wenn es Deinen Namen aussprach. Das klang nach Freude, Verehrung, Liebe! Der Ehe entsprossen die Kinder Toni und Marianne, die Ihr in Milde und Strenge zu vollwertigen Menschen erzogt. Toni wurde Reproduktions-Photograph, später – Freude für Dich! – Dein Nachfolger als Ratsschreiber.
      Selbstverständlich bliebst Du mit Deiner Familie im Riedhof verbunden. Deine Schwestern waren indessen ausgeflogen und verheiratet, die Brüder bauten sich gesunde Existenzen auf. Früh, 1929, nahm Vater, 1945 Mutter Höfliger für immer Abschied. Um so mehr scharten sich die Kinder Höfliger und ihre Angetrauten zusammen. An der Kilbi, an Allerheiligen und an einem runden Geburtstag sah man Eure Familien beieinander und freute sich am feinen Familiensinn. Du warst der stets gefragte, gewiegte Gesellschafter und Conférencier. Tafelmajor auch manche Jahre später an der Hochzeit Deiner Neffen und Nichten. Apropos Nichten: Du weißt es ja, sie machten sich als Polizistin, Krankenschwester, Hebamme, Mutter einer heilpädagogischen Großfamilie, Sekretärin des Missionsbischofs Häne in Süd-Rhodesien u. a. m. einen Namen und bewiesen, nebst den Neffen, welch’ gute Kräfte aus den Bauernfamilien in unser Volk strömen.
 
– Toni, Du warst
 
stets «auf Achse»
Dabei denken wir nicht so sehr an Dein «Pfupferli» und den leichtsinnigen Verkehrsteilnehmer, der Du warst. Nein, was Du, nebst dem vollen Einsatz im Beruf, geleistet hast.
      Du agiertest weniger im Vordergrund, unauffällig im Stillen. Fast unübersehbar war Dein Wirken. Du liebtest Dein Dorf und Land. Du kanntest seine Vergangenheit, das Brauchtum, seine Gegenwart. Du hast durch immer neue Einfälle und Mithilfen unser Volksleben bereichert. Man kannte kaum eine Fasnacht ohne Dein Mitwirken (Redaktion am Hexenblatt, «Intelligenzblatt für geistig Unterernährte und Obdachlose», tolle Beiträge zum Narrenkongress und Böigg-Verbränne). Jahraus, jahrein warst Du dabei, so zur Rettung des Mühlerades in der «Neumühle», Erneuerung des Kirchengeläutes, an den Viehausstellungen und wenn die Winzergesellschaft der von Dir mitgegründeten Alten Garde zur Traubenlese schritt (vor wenigen Wochen warst Du ja noch, fleißig und fröhlich und nichts ahnend, beim ersten Wimmet). Du, Kindernarr, hast den Lampion-Umzug unserer Jüngsten am 1. August zum Becki, den schönsten Aussichtspunkt des Dorfes, eingeführt.
      Die liberale Partei, die Korporation, Raiffeisenkasse, das Alters- und Pflegeheim, der Busbetrieb Wollerau-Richterswil, der Skiklub und vieles andere mehr konnte auf Deine Hilfe zählen. Wie manchen guten Vers hast Du doch für unzählige Anlässe verbrochen. Dokumentarisch wertvolle Artikel über Alt-Wollerau, die Salzwaage, das Bürgerheim, das Gemeindehaus geschrieben. Du konntest, wenn man Dich fragte, nie «nein» sagen.
      Bald übtest Du die Präsidenten-, mehr aber die Protokollführer-Charge aus. Stets aber warst Du geistiger Motor. Man erinnert sich, wie Du bei der Einweihung des Rathauses anno 1979 das Festspiel «Höfnerland - Höfnerlüüt» aufbautest, als wärst Du Deinen Lebtag Verfasser und Regisseur solcher Spiele gewesen. So eine Tüchtigkeit!
      Noch so vieles wäre zu berichten. Von der Liebe zur Natur, den Wanderungen und Bergtouren, von Eurem Fluge zur Nichte Rita in die USA, von mancher Südtirol-Fahrt. Zu berichten vom Toni-Verein; von Veteranen-Treffen und vom Detachement «Bankrott» der Geb San Kp II/9, von der Studenbüel-Tagung. So rekrutiertest Du Deine Jugendgespielen, Namensvettern, Dienstkameraden. Und jedes Mal war Freundschaft, und Fröhlichkeit, Deine überschäumende Lebensfreude mit dabei.
      Wesentliches würde fehlen, wenn wir nicht Deiner 40jährigen Tätigkeit als guter Bass im Kirchenchor gedächten. Auch da kam während und nach den Proben Deine Heiterkeit zum Zug. Weißt Du noch, wie während eines Gottesdienstes beim Chorlied: «Wo seid Ihr, klugen Jungfrauen, wo?» Du zu den Kolleginnen halblaut nach vorne flüstertest: «Nimmt mi au wunder!» So einfallsreich und neckisch warst Du.
      Am nächsten ersten Adventssonntag hätte der Kirchenchor Dein goldenes Jubiläum gefeiert . . .
 
Ein tiefer Mensch
«Sein Leben war erfüllt von Liebe für seine Familie, stetes Schaffen für das Gemeinwohl und Hilfsbereitschaft für seine Mitmenschen», so die Todesanzeige. Dieser Satz umschreibt schlicht und schön und umfassend Dein Leben, Toni. Alles tatest Du gerne und bereitwillig. «En heiteri Seel») nannte Dich ein Berufskollege. Humor aber ist die Angelegenheit eines tiefen Menschen. Du standest für menschliche Werte ein. Wirktest, auch in Deiner beruflichen und journalistischen Tätigkeit, aufbauend, nicht verletzend. Du achtetest die Ansicht anderer. Wo Gegensätze auftraten, suchtest Du – wenn nötig, mit einem humorvollen, befreienden Wort – diese auszugleichen. Du besaßest starken Willen. Auch nach einer Nacht des Jubels und Trubels tratest Du am Morgen eisern zur Arbeit an (in 31 Jahren Berufsarbeit in Wädenswil einen einzigen Tag gefehlt!). In freien Stunden aber pflegtest Du den Garten. Im Rathaus grüßten vom Frühling bis Herbst die von Dir gestifteten Blumensträuße. So strahltest Du eine edle Menschlichkeit aus.
 
Schwere Stunden – der Heimgang
Auch Du erlebtest nicht nur sonnige Tage. Enttäuschungen musstest Du einstecken. Niederlagen. Nie aber hörte man Dich klagen. Doch als Deine liebe Frau, zu früh, anno 81, so rasch von Dir und der Familie Abschied nahm, hat es Dich zutiefst getroffen. Gottseidank umgaben Dich Deine liebe Familie und gute Menschen mit Obsorge und Wohlwollen. Du freutest Dich der Großkinder Daniela und Peter. Und nun ist auch Dein Enkel Marco bei der Tochter Marianne eingetroffen, auf dessen Ankunft Du die Tage zähltest. Eine Fügung, ein großer Trost für die Angehörigen in diesen Tagen der Trauer.
      Vor zwei Jahren – wie ein Blitz aus heiterem Himmel – der Hirnschlag: Lähmungen die Folge. Der zähe Bauernsohn erholte sich wieder. Über 400 Besuche zählte man damals im Spital Lachen. Welch ein Erweis der Freundschaft und Dankbarkeit! Da war wahrhaftig keine Zeit mehr zum Kranksein. Toni machte sich neu auf, war aktiv und überall gern gesehen.
      Und nun dieser jähe Tod. Eine ernste Mahnung für uns alle. Den Angehörigen entbieten wir das aufrichtige Beileid. Dich aber, Toni, behalten wir in dankbarer Erinnerung. Ruhe im Frieden des Herrn.
 

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Alois Vorburger-Höfliger
* 17. April 1914
† 30. März 1990
 
Verfasser:   Unbekannt
Erscheinungsort:   Die Linth vom 23. April 1990
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Unser Leben gleicht der Reise . . .
Auf dem Friedhof Jona ist am 6. April Alt-Kantonsrat Alois Vorburger-Höfliger, der mitten in seinem zufriedenen Alltag am 30. März an einem Herzschlag gestorben ist, bestattet worden. An seinem früheren Wohnort Wil SG amtete er als katholischer Kirchenverwaltungsrat und gehörte von 1964 bis 1968 als Vertreter der Christlichsozialen Partei des Bezirks Wil dem sankt-gallischen Großen Rat an.

 
      Jetzt bist Du gegangen und kommst nicht wieder, Du hättest nicht gehen sollen auf diese letzte Reise. Du hast ein ganz normales Leben gelebt und doch ein besonderes für alle, die Dir begegnet sind, für alle, denen Du begegnet bist.
      Ein ganz normales Leben mit vielen Stationen. Die Endstation hast Du jetzt erreicht. Stationen, mit dem Aufwachsen in St. Margrethen. Geboren am 17. April 1914 als sechstes von neun Kindern. Mit dem Schulbesuch in St. Margrethen und mit der kaufmännischen Lehre in einer Stickerei in Walzenhausen.
      Stationen auch in kriegerischen Zeiten (vom Ersten zum Zweiten Weltkrieg), die in Deinem Leben eine wichtige Rolle gespielt haben: Rekrutenschule, Unteroffiziersschule, Fourierschule, Offiziersschule, Aktivdienst im Zweiten Weltkrieg. So hat Dich diese Zeit begleitet, bestimmt und geprägt. Und Du hast gedient, Du hast Deinen Mann gestellt, und die Erlebnisse dieser Zeit würden ein Buch für sich füllen.
      Stationen aber auch in Deinem Beruf. Du bist ein wirklicher Reisender geworden im Außendienst in Ob- und Nidwalden. Auf Deiner Lebensreise bist Du auch Elisabeth Höfliger begegnet. Sie wolltest Du zur Reisegefährtin. Am 31. Juli 1939 habt Ihr den Lebensbund geschlossen. Gemeinsam habt Ihr die weiteren Stationen auf der Lebensreise angesteuert:
      Ein eigenes Heim und Geschäft in Richterswil, wo Euch auch alle Kinder geboren wurden. Bruno, Reini, Ruth, Wisy und Elsbeth (Leila). Diese brachten Leben und Bewegung in Euren Alltag. Sie wurden zum Zentrum Eures Daseins. Später ein Geschäft in Buochs und dann Wil. Kantonsrat, Kirchenrat, Männerchor, wo man Deine ruhige Art geschätzt und geachtet hat. Und dann Jona. Immer unterwegs für die Textilbranche.
      Deine Reise war aber nicht zu Ende. Du warst immer offen für das Leben, offen für die Menschen, denen Du begegnet bist. Du hast ihnen zugehört, Du hast sie begleitet, Du hast sie berührt. Du hast viele berührt, Du warst vielen ein Freund. Auch Deinen Schwiegertöchtern und -söhnen, Deinen Enkelkindern.
      Auf Deiner Reise hast Du gesammelt, Eindrücke und Dinge, z. B. Steine und Wurzeln. Du hast sie bearbeitet und verändert. Du hast Holz geschnitzt, verändert und verschenkt. So hat sich auf Deiner Reise immer mehr die Philosophie verdichtet: geben, hören, helfen.
      In Jona bist Du dann auch pensioniert worden, und dort ereilte Dich auch die wohl härteste Prüfung Deines Lebens, der Tod Deiner geliebten Frau Elisabeth.
      Allein bist Du fortan weitergereist, tapfer und ruhig. Allein und doch nicht allein. Du hast neue Aufgaben übernommen: den Mahlzeitendienst, die Betreuung Deines Bruders Alfons, zu Dir selber schauen und alle begleiten, die dies brauchten. Du bist gekommen und wieder gegangen, Du warst für andere da.
      Und jetzt bist Du endgültig gegangen. Am 30. März 1990 hat Dich ein Herzschlag brutal und unerwartet aus dem Leben gerissen. Du hast Deine Lebensreise abgeschlossen. Du bist gegangen und kommst nicht wieder. Du hättest noch nicht gehen sollen.

 

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Josef Höfliger-Walker
* 13. November 1902
† 20. September 1994
 
Verfasser:   Unbekannt
 
Erscheinungsort:
   Höfner Pfarrblatt vom 28. Oktober 1994
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Josef Höfliger-Walker wurde am 13. November 1902 in der Eulen geboren. Etwas später kaufte sein Vater den Bauernhof im Ried. So kamen seine Eltern mit ihm und seinen zwei Geschwistern im Jahre 1904 auf den Riedhof nach Wollerau.
      Josef besuchte die Primarschule in Wollerau, wo ihm die Schwester Severina das Abc beibrachte. Herr Lehrer Suter hätte es gerne gesehen, wenn Josef auch die Sekundarschule besucht hätte. Das war ihm leider nicht möglich, da es sehr viel Arbeit auf dem Bauernhof gab, er jetzt zehn Geschwister hatte, neun davon jünger als er.
      Als Josef 27 Jahre alt war, starb sein Vater. Zusammen mit seiner Mutter wurde nun alles getan, dass die Familie zusammen bleiben konnte. Ihm als ältestem Sohn wurde die Verantwortung des elterlichen Anwesens übertragen.
      Schweres Leid traf die Familie, als 1931 sein Bruder Werner, im Alter von 26 Jahren, an einem Unfall starb.
      Die Familie Höfliger-Portmann hatte eine tiefe Zusammengehörigkeit, welche half, die schweren Zeiten gemeinsam zu meistern. So ergaben sich auch wieder heitere und fröhliche Stunden. Dazu brachten seine Geschwister ihre Bekannten und Freunde heim, und oftmals wurde nach Feierabend, zur Fasnachtszeit auch mal am Tag g’örgelet, g’sunge und ’tanzet in der großen Stube im Ried. In der Familie Höfliger wurde auch gerne politisiert und Meinungen ausgetauscht.
Josefs Interesse aber galt nicht nur der Familie und der Arbeit auf dem Hof, er engagierte sich auch politisch. Vom Frühjahr 1936 bis 1948 war er im Gemeinderat Wollerau.
      Sein besonderes Interesse an der Landwirtschaft brachte es mit sich, dass er da viele Ämter innehatte. Als Präsident der Viehzuchtgenossenschaft und des Bauernvereins, als Gründungsmitglied und Präsident der Brennerei-Genossenschaft, Mitglied der Milchgenossenschaft, überall war er aktiv dabei.
      Trotz der Arbeit und den vielen Aufgaben fand er 1938 Zeit, zu heiraten. Das Glück mit seiner ersten Frau dauerte nicht lange, kurz nach Geburt der ersten Tochter Martha wurde seine Frau schwer krank und starb.
      Davor hatte er 1938 seinen Bruder Hans durch einen Unfall verloren. All die schweren Verluste konnten ihn nicht davon abbringen, seine Tätigkeiten fortzusetzen, denn überall wurde er mit Rat und Tat gebraucht.
      Seine zweite Heirat mit Olga, welche ihm zwei Töchter und zwei Söhne gebar, gab ihm viel Kraft. In den schwierigen Kriegsjahren bewältigte er große Aufgaben in der Armenpflege und ab 1940 im Waisenamt.
      Er wurde auch in den Aktivdienst eingezogen, wobei er sich bei einem Heimurlaub am Knie schwer verletzte. Deswegen musste er sehr lange das Bett hüten, dabei konnte er die Vorgesetzten im Militär überzeugen, sich nicht im Militär-Lazarett, sondern zu Hause auskurieren zu lassen. Als Leiter der Ackerbaustelle Wollerau (Selbstversorgung während des Krieges in der Gemeinde) organisierte er so all die Arbeiten für die Verteilung, Verwaltung und Einteilung der Pflanz- und Anbauteile, wobei er stundenlang im Bett, auf seiner schwarzen Schreibmaschine, Anweisungen und Formulare tippte.
      Im Frühjahr 1944 erfolgte seine Wahl in den Kantonsrat, dem er bis 1960 angehörte.
      Auch nach dem Tod seiner Mutter am 7. Juni 1945 war das Ried beliebter Treffpunkt seiner Geschwister mit ihren Familien. An der Chilbi und an Allerheiligen, stets traf man sich bei Josef.
      1951 wurde er als Ersatzrichter gewählt und von 1956 bis 1972 war er Richter beim Bezirksgericht Höfe.
      Anfang der 60er Jahre erfolgten große Änderungen auf dem Riedhof. Die Autobahn kam mitten durch sein Heimwesen, und das Land wurde nun auch mit dem Traktor bearbeitet.
      Nach Aufgabe des Bauernhofes 1970 erfolgte dann sein verdienter Ruhestand. Auf einmal hatte er viel Zeit, und er musste sich gewaltig umstellen, um die Tage sinnvoll auszufüllen und der Langeweile Herr zu werden. Anfangs genierte er sich sehr, untätig rumzusitzen oder einfach so in der Gegend herumzuspazieren. Doch er musste etwas machen, seiner Gesundheit zuliebe, so war er viel mit seiner Frau Olga zusammen unterwegs, in und um Wollerau, seiner geschätzten und wohlbekannten Umgebung. In dieser Zeit war er auch mit seiner Frau zweimal für längere Zeit in Amerika bei seiner Tochter zu Besuch. Auch hier zeigte sich sein Bauernblut, denn er konnte kaum genug sehen von dem weiten Land, den großen Farmen mit den riesigen Landwirtschaftsmaschinen.
      Als Großvater mit neun Enkelkindern genoss er den Ruhestand. Durch seine offene und zukunftsorientierte Einstellung hatte er auch immer gerne Menschen um sich. Jeder Besuch freute ihn, ob groß oder klein, er war immer ein aufgeschlossener und interessierter Gesprächspartner. So hat ihn sein natürliches Interesse an allem was um ihn herum und auch weltweit geschah, bis an sein Lebensende geistig vital gehalten.
      Die unerwartete Krankheit und dann der Tod seiner lieben Ehefrau Olga am 7. Juni dieses Jahres hat ihm sehr zugesetzt. So ist er am Morgen des 20. September, daheim in seiner guten Stube, infolge einer Herzrhythmus-Störung friedlich zu seinem Schöpfer heimgekehrt.
 
 
«Die Stille der Felder  –
wer sie zutiefst will verstehn,
der muss zu ihr schon auf Pfaden
der Kindheit gehn.
Die Stille der Felder ist ein
Geheimnis ewiger Kraft;
der es erkennt, ist verschwiegen.
Er sät. Er erntet. Er schafft.»
 
Alfred Huggenberger
 

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Maria Wick-Höfliger
* 18. Oktober 1906
†  9. April 1998
 
Verfasser:   Georges Wick-Warnking
 
Vorgelesen im Beerdigungsgottesdienst
am 15. April 1998
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Das Leben von Maria Wick-Höfliger
 
Marie Höfliger wurde am 18. Oktober 1906 hinein geboren in eine große Bauernfamilie im Ried in Wollerau. Sie war das fünfte von elf Kindern. Ihr Vater war ein angesehener, strenger Mann. Politisch aktiv und sehr, sehr liberal. Die Mutter – eine geborene Portmann – war eine liebe, gütige Frau. Die Eltern und der große Kreis der Geschwister gaben Marie die Geborgenheit, in der sie ihre schöne, sorgenfreie Kindheit verleben konnte.
      Marie wurde hinein geboren in einen Bauernhof, ein Bauerndorf, eine Landschaft, welche für ihr Leben bestimmend waren. Das Höfnerland war eine gesegnete kleine Welt mit fruchtbaren, üppigen Feldern. Marie wurde geprägt durch die freie, weite Landschaft thronend über dem schönen Zürichsee. Die blühenden Obstbäume im Frühling machten sie froh und gaben ihr Kraft. Ihr Naturell spiegelte diese Natur wieder. Sie war weit, offen, frei und großzügig. Eine starke Frau.
      Marie genoss die Schulzeit. Sie war eine gute Schülerin Für sie waren Hausaufgaben wichtiger als das Helfen beim Heuen. In der Schule wurde der Grundstein gelegt für ihren Wissensdurst, ihre Leselust, welche sie bis ans Lebensende nicht verloren hat.
      Nach der Schulzeit durfte Marie eine Schneiderinnenlehre machen. Zuerst in Uznach, dann in Richterswil. Zum ersten Mal war sie von zu Hause fort, war fremden Einflüssen ausgesetzt, sah neue Welten. Sie entwickelte für Wollerauer Verhältnisse ein spektakuläres modisches Bewusstsein. Sie erschreckte und verärgerte Vater und Brüder mit extravaganten Röcken, Hüten und Frisuren. Sie war eine schöne Frau, und wollte eine moderne Frau sein. Sie genoss das Leben. Und immer musste etwas los sein: beim Singen im Kirchenchor, beim Theaterspielen und an der Fastnacht.
      Es war nur natürlich, dass sie einige Verehrer hatte. In einem Gedicht, das der jüngste Bruder Anton zu ihrem 50sten Geburtstag geschrieben hat, steht zu diesem Thema:
                                Doch weder Fischertoni
                                noch Albert Baggenstoß,
                                und keiner von den Wilern
                                riss sie vom Vater los.

 
      Werni – ihr Lieblingsbruder – half ihr den Mann fürs Leben zu finden. Er war damals an der Molkereischule auf der Rüthi im Kanton Bern, und hatte sich dort mit dem Mitschüler Ueli Wick aus der Ostschweiz angefreundet. Er brachte ihn mit ins Ried, und Marie Höfliger war begeistert von diesem Käser, auch wenn er politisch nicht auf der Höfliger-Linie lag, er war nämlich stock-katholisch-konservativ. Doch wirklich trüben konnte das ihre Zuneigung, ihre Liebe nicht. Sie wurden ein glückliches Paar.
      Für Marie und Ueli gab es nicht nur Freude und Glück. 1929 starb Vater Höfliger, erst 58-jährig. Und 1931 kam der liebe Bruder und Freund Werni bei einem Unfall ums Leben. Die Trauer lastete schwer. Erst drei Jahre später mochten sie den Schritt zum Traualtar tun. Im Kapuzinerkloster Rapperswil heirateten sie am 16. April 1934. Morgen wird sich der Hochzeitstag zum 64sten Mal jähren. Mit dem «Chlöschterli» war für Marie und Ueli immer diese Erinnerung an Hochzeit, Freude und Lebensfrühling verbunden.
      Maria Wick – so hieß sie jetzt – musste gleich mithelfen in der Käserei Unterhalden bei Benken, zum Teil unter der strengen Kontrolle ihrer Schwägerin Anna. Die jungen Eheleute arbeiteten hart. Doch der bescheidene geschäftliche Erfolg entsprach nicht ganz Maries Vorstellungen. 1935 kam Annamarie – ihr erstes Kind – zur Welt. Das war ein Lichtblick, ein Trost im täglichen Kampf um die Existenz.
      Den beiden musste es wie eine Rettung erscheinen, dass sie als Angestellte des Milchverbandes Winterthur die neue Käserei im Glarnerdorf Engi übernehmen durften. Marie hatte zwar große Mühe mit dem engen Tal, den kargen Wiesen und dem Menschenschlag dort hinten. Sie und Ueli haben es dann aber doch geschafft, die widerspenstigen Kleintaler Bauern zu zähmen. 1936 kam das zweite Kind Hansueli zur Welt. Wie alle Kinder im Spital Uznach.
      Im Jahr darauf konnte die junge Familie an den Zürichsee zurückkehren. Der Milchverband hatte die Molkerei in Rapperswil übernommen und übergab die Leitung dem tüchtigen Paar. Auch Hedi Altmann kam mit von Engi nach Rapperswil. Sie war ein Teil der Familie geworden. Nun folgten die goldigen Zeiten in der schönen Rosenstadt. Es gab zwar immer viel Arbeit, aber auch viel Freude und Spaß. Mit den Bediensteten zusammen war da eine große, gut harmonierende Familie am Werk. Die «Hütte» war das Reich des Vaters, das Lädeli mit der gelben Usego-Sonne über dem Eingang jenes der Mutter. Das Bedienen im Laden war aber nicht etwa ihr «Ein und Alles». Gerne verschwand sie zwischendurch an ihre Nähmaschine, um ihrer eigentlichen Berufung nachzuleben. Ungeduldig wartende Kundinnen empfand sie in solchen Momenten eher als störend. Nicht nur elegante Röcke, auch Kinderkleider wurden genäht. 1938 brachte Mutter Wick bereits das dritte Kind – Antoinette – zur Welt.
      Der Weltkrieg kam. Ueli war zeitweise als Späher im Aktivdienst. Dann musste unsere Mutter den Betrieb alleine führen, musste sich mit Aushilfskräften herumschlagen. Die Kinder Hedwig und Georges – brachte sie während des Krieges, das sechste Kind Ida 1945 zur Welt. Ein Friedenskind.
      Das harte Arbeiten, die Geburten, die Verantwortung hatten Kraft gekostet. Mutter Wick war überarbeitet, schwach und müde. Ihre Erholung waren Ferien im Guggernhüsli in Oberiberg. Diese Ferienhütte – eine ehemalige Militärbaracke – war quasi ein Mitbringsel von Ueli aus dem Aktivdienst. Dort im Ybrig fand unsere Mutter die Luftveränderung, die ihr gut tat, die ihr neue Kraft und neuen Lebensmut gab. Sie genoss diese Zeiten, auch wenn sie meist ohne ihren Ueli dort war. Der war nämlich nicht dazu geschaffen mehr als einen Ferientag am gleichen Ort zu verbringen. Auch die Kinder liebten dieses kleine Paradies. Und auch Martha, unsere Magd aus dem Fricktal. So kam es, dass wir sie einem jungen Ybriger Bauern überlassen mussten.
      1951 kündigte Vater Wick beim Milchverband und übernahm als Selbständiger die Molkerei in Rapperswil. Das brachte neue Verantwortungen, neue Belastungen. Liebe und treue Angestellte halfen mit, insbesondere Käthi aus Eschenbach und Edi aus St. Veit in Kärnten. Viele Probleme gab es im Umgang mit den Bauern aus der Genossenschaft.
      Darum nahmen wir 1958 Abschied von der Molkerei. Der Name WICK stand jetzt an einem neuen Lebensmittelgeschäft an der Etzelstraße in Rapperswil. Die Familie lebte zum ersten Mal in einem eigenen Heim. Noch gingen die beiden Kleinsten zur Schule. Die Töchter Antoinette und Hedwig mussten voll ins Geschäft einsteigen. Auch die Mitarbeiterin Alice Steiner machte den Wechsel vom Städtchen ins Außenquartier mit. Unsere Mutter trat allmählich ins zweite Glied zurück, arbeitete mit, aber konnte nun auch Verantwortung abgeben. Sie besuchte keine Fortbildungskurse wie Mann und Töchter. Hedwig übernahm die Rolle der Chefin, kümmerte und sorgte sich. Mutter Wick verschwand lieber zwischendurch ein bisschen im Garten und widmete sich ihren paar wenigen Rosen.
      In den Jahren 1961 und 1962 heirateten die drei ältesten Kinder. Mutter Wick musste sie weggeben, gewann dafür drei Schwiegerkinder und bald auch die ersten Enkelkinder dazu. 1967 ging das Geschäft, kurz darauf das Haus, an den Sohn Hansueli über. Vater und Mutter zogen zwei Häuser weiter, arbeiteten aber immer noch im Geschäft an der Etzelstraße.
      1971 fand der große Umzug statt. Zusammen mit der Familie der ältesten Tochter zogen sie in ein neues Haus an der Rebhalde hier in Kempraten. Unsere Mutter liebte die schöne Lage, den Blick auf den See und auf den Schlosshügel, die Aussicht hinüber in ihre alte Heimat, zum Etzel und in die Berge. Sie war jetzt nicht mehr Geschäftsfrau, sie war Hausfrau und Gärtnerin. Ueli war eher auf Betriebsamkeit aus. Der arbeitete immer noch in den Geschäften seines Sohnes, und war viel mit seinem Mofa unterwegs. Mutter Wick aber liebte die Sonntagsausflüge. Ihr Mann war ein geduldiger, folgsamer Chauffeur. Die beiden waren oft unterwegs mit den Schwestern Lisi und Serafie, den Schwägern Alois und Karl, und dem jüngsten Bruder Anton. Sie alle zusammen waren eine unternehmungslustige Truppe. Auf dem Programm standen Ausfahrten in der Schweiz, Ferien an der Adria, und immer waren die Jasskarten dabei. Mutter hatte nun wieder die Zeit, Kontakte zu ihrer Höfligersippe zu pflegen. Ihre Kinder standen ja alle auf den eigenen Beinen. Auch die jüngsten drei hatten inzwischen ihre Familien gegründet.
      Für Maria Wick sollte nun eine traurige Zeit kommen. 1976 starb ihr Ueli – viel zu früh! Sein Tod traf sie unvorbereitet und schwer. Trost fand sie bei ihren Kindern, Enkeln und Geschwistern. In dieser Zeit brauchte sie Ablenkung. Sie machte Besuche bei ihren Kindern. Kinder hüten da, Vorhänge nähen dort. Sie kam, wenn man sie brauchte. Und wenn sie bis nach Neapel reisen musste zu ihrer jüngsten Tochter Ida. Oft war sie in Meckenbeuren bei Antoinette. Dort kannte und schätzte man sie bald im ganzen Dorf. Mit Antoinette zusammen wagte sie auch eine Kalifornienreise. Es war die größte Reise ihres Lebens. Sie war viel unterwegs, und schaffte – was niemand erwartet hätte – spielend das Umsteigen auf die öffentlichen Verkehrsmittel.
      Die folgenden 80er-Jahre waren ruhiger. Unsere Mutter widmete sich ihren Katzen und dem Gärtchen. Sie hatte ihre festen wöchentlichen Termine mit den Frauen aus Kempraten zum Stricken und Jassen. Überschattet wurde diese Zeit durch die schwere Erkrankung ihres Sohnes Hansueli. Es war ein «Auf und Ab» an Bangen und Hoffen. Sie konnte erst wieder froher werden, als sich – nach einer erfolgreichen Nierentransplantation – Hansuelis Zustand entscheidend verbesserte.
      Mutter Wick war trotz ihres Alters eine selbständige, unabhängige Frau. Sie führte ihren eigenen Haushalt. Sie war froh, dass ihr die Tochter Annamarie die schwierigeren Arbeiten abnahm. Vor gut zwei Jahren stürzte sie beim Spazieren und brach sich den Fuß. Sie musste operiert werden, und danach wieder gehen lernen. Der Behinderung wegen war sie oft niedergeschlagen. Aber sie wollte noch einmal richtig gehen können. Mit viel Energie hat sie ihr Leben erneut in die Hand genommen. Ohne Hilfe ging das nicht. Die Tochter Annamarie machte, organisierte, regelte, was die Mutter selber nicht mehr konnte. In technischen Belangen half ihr der Enkel Felix. Die anderen Kinder kamen abwechslungsweise zu den Wochenenden. Mutter Wick musste dabei sehr darauf achten, dass sie in ihrem Haushalt noch das Sagen hatte, dass noch alle Tassen in den richtigen Schränken standen. Die Übersiedlung in ein Altersheim stand mehrmals zur Diskussion. Aber das wollte sie auf keinen Fall. Sie fühlte sich noch fähig, allein zu wohnen. Sie war informiert, manchmal erstaunlich modern, in anderen Punkten eher zurückhaltend. Sie hatte ihre eigene praktische Mischung aus Tradition und Fortschrittlichkeit. Sie blühte noch einmal auf, fand ihre Unternehmungslust, ihre positive Grundhaltung und auch ihren Humor wieder. Vor kurzem erst ließ sie einen neuen Teppich im Wohnzimmer legen, und vor sechs Wochen unterzog sie sich noch einer Augenoperation.
      Das hohe Alter war schon auch spürbar. Manches verlor an Wichtigkeit. Unsere Mutter wurde weicher und nachsichtiger. Andere Sorgen kamen dazu. «Warum muss ich so alt werden? Es gibt ohnehin schon viel zu viele alte Leute? Wir sind doch zu nichts mehr nütze. Das kostet alles nur einen Haufen Geld.». Das war ihr Reden. Manchmal wünschte sie sich auch, dass alles vorbei wäre. Nur lange leiden, das wünschte sie sich nicht. Auf ein kurzes Leiden, einen leichten Tod hoffte sie.
      Ihr Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Am Montag in der Karwoche stürzte sie und brach sich dabei den Oberschenkel. Eine schwere Operation im Krankenhaus Uznach folgte. Sie verlor sehr viel Blut. Nach der Operation hatte sie noch wenige lichte Momente, bei denen sie mit den anwesenden Kindern reden konnte. Andere Komplikationen folgten. Am Gründonnerstag verschlechterte sich ihr Zustand. Ihr Herz konnte nicht mehr. Sie kämpfte kurz und starb dann friedlich im Beisein all ihrer Kinder und einiger Enkelkinder, so wie sie es sich gewünscht hatte. – Sie hat uns viel gegeben. Wir danken ihr.
 
 

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Karl Bachmann-Höfliger
* 27. Juli 1906
† 2002
 
Verfasst von der Tochter
Helen Niedermann-Bachmann
 
Erschienen im Höfner Volksblatt
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Das Leben von Karl-Bachmann-Höfliger,
unserem Vater


Karl Bachmann kam am 27. Juli 1906 als erstes Kind von Anna und Karl Bachmann-Schuler in Wollerau auf die Welt. In Wollerau besuchte er auch die Schule und verbrachte in der Felsen zusammen mit seinem jüngern Bruder Toni seine ganze Kindheit und Jugendzeit. Seine Kindheit war ihm stets in guter Erinnerung – er sprach oft und gerne von den harten, entbehrungsreichen, jedoch guten, fröhlichen Jugendjahren. Neben der Schule hieß es für die beiden Buben der Mutter und dem Vater zur Hand zu gehen, wo immer es auch war – und diese Erfahrung hat Karl sein ganzes Leben lang geprägt. Arbeiten war für ihn stets Lebenssinn und Lebensinhalt, Selbsterfahrung und Selbstbestätigung, nie ein muss, sondern ein dürfen! – Einander helfen, bis alle fertig sind, war eines seiner Losungsworte. Holzsammeln, Pilze und Beeren suchen im Wald, fischen, wandern – dies waren Freizeitbeschäftigungen in der Kindheit, von denen er so oft mit leuchtenden Augen erzählte.
      Nach seiner Schulzeit kam er für ein Jahr nach Rothenthurm  wo er für ein paar wenige Batzen «Turpen» gestochen hatte. Die verdienten Batzen gab er den Eltern ab – die Turpen gaben Wärme – Wärme in den Häusern, Wärme sicher auch im Herzen. Und das Heizen, das Holzen und Sägen, war sein Leben lang seine große Leidenschaft und Freude; Wärme schaffen, Wärme erhalten, Wärme verbreiten.
      Die Zeit der grossen Arbeitslosigkeit herrschte und Karl musste das ganze linke Zürichseeufer entlang nach einem Arbeitsplatz suchen, um seinen Lebensunterhalt verdienen zu können. Er empfand es als grosses Glück und Chance, dass er schließlich in der Kerag in Richterswil eine Stelle fand. Zuerst war er Laufbursche – man setzte ihn ein, wo immer man ihn in dieser Kesselschmiede brauchen konnte. Bald wurde seine Fähigkeit und sein Interesse am Schweißen entdeckt, in späteren Jahren, als seine Gesundheit diese strenge Tätigkeit als Schweißer nicht mehr zu ließ, fertigte er große Kondenstöpfe an und blieb der Kerag treu bis über die Pensionierung hinaus.
Karl hat nie geklagt über die harten Bedingungen, den kleinen Lohn – seine Dankbarkeit, überhaupt eine Arbeit zu haben, und die Freude, aus dieser Arbeit das bestmögliche zu machen, war ihm zu einem Lebensprinzip geworden.
Neben seiner Arbeit bedeuteten ihm die Berge, die Natur, das Velofahren und das Singen im Kreise seiner Kameraden und im Kirchenchor unendlich viel – er zog wohl daraus viel Kraft für seinen strengen Alltag.
      Am 25. August 1936 ist Karl mit Serafina Höfliger vom Ried den Bund für’s Leben eingegangen. Er schätzte den grossen, anregenden und gemütlichen Familienkreis der Familie Höfliger vom Ried, und kein Heuet, keine Arbeit war ihm dort zu viel, um seiner zukünftigen Frau die Ernsthaftigkeit seiner Absichten kundzutun. Diese neue Familie nahm den fröhlichen, bescheidenen und arbeitsamen Karl mit viel Offenheit und Herzlichkeit auf – es ergaben sich tiefe Freundschaften mit den Schwestern und Brüdern seiner Frau, welche ein Leben lang währten und auch in der zweiten Generation weitergepflegt wurden.
      Der Ehe von Karl und Serafina waren zwei Mädchen geschenkt: Rita kam 1940 auf die Welt, Helen als Nachzügler 1949. Karl war ein herzensguter Vater – er hat uns ein Leben vorgelebt, in dem die Liebe zueinander tragendes Element war. Er hat uns seine Freude an den Bergen und zur Natur, zur Musik und zum Gesang, und seine Fröhlichkeit und Herzensgüte weitergegeben. Die kleinen Dinge des Lebens lehrte er uns schätzen und achten. Er hat uns vorgelebt, dass alle Unbill und Schwere im Leben mit Frohmut und dem Glauben an das Gute zu tragen sind.
      Karl selbst musste sich vielen Anfragen des Lebens stellen – es waren vor allem gesundheitliche Anfragen, seine Hüftgelenke waren Ursache von mehreren Operationen – durch eine Versteifung des Beines musste er sein wohl geliebtestes Hobby aufgeben, das Bergsteigen. Doch nie hörte man ihn hadern, er gewann auch dieser schwierigen Situation das Positive ab, verharrte nicht im Schmerz über das Verlorene sondern freute sich an dem, was er noch konnte.
      Das Zusammenleben der eigenen Familie mit Eltern und dem Bruder Toni auf engstem Raum stellte auch hohe Anforderungen an Anpassungsfähigkeit, Rücksichtnahme, Bereitschaft zu Verzicht und Kompromiss.
      Über all dem waren es immer wieder seine leuchtenden Augen, sein frohes Lachen, sein Humor, seine hilfsbereiten Hände, seine Bescheidenheit und seine lebensbejahende, herzliche Art, welche die Felsen zu einem gernbesuchten Haus machte für Freunde, Verwandte und Nachbarn.
      Sein frohes Wesen half ihm auch, den endgültigen Abschied von seiner Mutter und von seinem Vater zu verkraften, welche bis zu ihrem Tode von Karl und seiner Frau betreut und gepflegt wurden.
      Nach seiner Pensionierung durfte Karl noch viele schöne, gemeinsame Jahre verbringen im Kreise der Familie, der Verwandten und Freunde, in denen es zu so manch lustigem Jass, zu manch frohem Lied, zu vielen schönen Wanderungen und Ausfahrten kam. Die Erinnerungen an diese erlebnisreichen, guten Jahre bedeuteten Karl in den letzten Jahren sehr viel und waren sehr wichtig, als der Kreis ihm lieber, nahestehenden Menschen stets kleiner wurde. Der Tod von Lisy und Alois Vorburger-Höfliger riss wohl die schmerzlichste Lücke in das so festverbundene Kleeblatt.
      Zum Glück bot ihm das neu, quirlige Leben seiner drei Enkelkinder Lukas, Barbara und Matthias und der vier Pflegekindern der heilpädagogischen Großfamilie von Tochter Helen und Schwiegersohn Roland einen gewissen Ersatz für die fehlenden Freunde. Er war ein gerngesehener Gast in Trogen, und seine Unterstützung war sehr gefragt und geschätzt.
      Auch den Sprung über den grossen Teich nach Amerika, zu seiner Tochter Rita, wagte er noch, und er war fasziniert von der Weite und Andersartigkeit dieses grossen Landes.
      1996 erfolgte ein weiterer, einschneidender Schritt – es hieß Abschied zu nehmen von seinem Bruder Toni, der aus gesundheitlichen Gründen die Wohn- und Lebens-Gemeinschaft in der Felsen verlassen musste und vier Monate später verstarb.
      Immer öfter suchte Karl im vergangenen Sommer einen weichen Stuhl in seinem geliebten Hüttli im Garten in der Felsen und ließ seinen Blick wandern auf das Dorf Wollerau, den Zürichsee und die geliebte Bergwelt am Horizont – als wollte er sich dieses Bild einverleiben im geheimen Wissen, es in den letzten Wochen seines Lebens vor seinen inneren Augen wieder hervorzaubern zu können
      Im letzten November stand für Vater und Mutter der schwerste Schritt bevor – Abschied zu nehmen von ihrem geliebten Haus in der Felsen, Abschied zu nehmen vom eigenständigen, selbständigen Leben, Abschied zu nehmen von einer lieben, hilfsbereiten Nachbarschaft und Verwandtschaft – Abschied vom Daheim.
      Zum Glück konnte Karl diesen Schritt gemeinsam mit seiner geliebten Frau unternehmen – in ein gemeinsames Zimmer im Alters- und Pflegeheim Gerbe in Einsiedeln, wo sie in den letzten Tagen und Wochen liebevoll betreut und gepflegt wurden.
      Karl durfte Weihnachten nochmals im Kreise seiner ganzen Familie in Trogen feiern. Seine eindrücklichen Worte über die Liebe und das Zusammenhalten untereinander werden uns zeitlebens begleiten!
      Auf das Jahresende hin verschlechtere sich sein gesundheitlicher Zustand markant – seine Beine trugen ihn nicht mehr, sein Geist wanderte in verschiedenen Welten, eine große Unruhe belästigte ihn – er wollte heim und dieser Wunsch ist ihm in Erfüllung gegangen.
      Allen, die Vater in seinem Leben Gutes getan haben, die mit ihm Freud und Leid teilten, danken wir von ganzem Herzen. Ein ganz besonderer Dank gehört den lieben Nachbarn und den nähern Verwandten von Wollerau, ohne die Vater und Mutter nie so lange in ihrem geliebten Haus auf der Felsen hätten bleiben können!
      Dir, lieber Vater, danken wir für deine große Liebe, deine Herzlichkeit, deine Bescheidenheit und deine Fröhlichkeit – mögen sie dich leiten und begleiten in dein neues, ewiges Daheim.
 
 

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Serafina Bachmann-Höfliger
* 10. Januar 1910
†  5. April 2007
 
Verfasst von der Tochter
Helen Niedermann-Bachmann
 
Erschienen im Höfner Volksblatt
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Das Leben von Serafine Bachmann-Höfliger

Serafine kam am 10. Januar 1910 als sechstes von elf Kindern von Anna und Josef Höfliger-Portmann in Wollerau auf die Welt. In Wollerau besuchte sie auch die Schule und verbrachte auf dem elterlichen Bauernhof im Ried eine glückliche Kindheit und Jugend. Wie oft sprach sie von dieser zwar bescheidenen, jedoch zu tiefst guten und fröhlichen Zeit, die geprägt war vom Miteinander und Füreinander und vom grossen Zusammenhalt innerhalb der kinderreichen Familie, auch in den schweren Momenten, die das Leben an diese Gemeinschaft stellte. 1929 starb Vater Höfliger – erst 58-jährig. Er war ein strenger, gerechter, politisch sehr aktiver Vater gewesen und von ihm hat Serafine wohl auch ihre politische Interessiertheit und Offenheit, die sie zeitlebens bis in die letzten Monate ihres Lebens pflegte. Kurz darauf wurden auch ihre Brüder Werni und Hans mitten aus ihrem jungen Leben heraus gerissen und die Familie rückte durch diese schweren Schicksalsschläge noch näher zusammen.
      Nach ihrer Schulzeit arbeitete Serafine vier Jahre als Weberin in der Textilfabrik Gessner in Richterswil und half mit ihrem Verdienst, den Lebensunterhalt der Familie zu sichern. Darnach diente sie zwei Jahre als Hausangestellte in Zürich, wo sie neben ihrem Berufsalltag noch Kurse im Bügeln besuchen konnte, damit sie anschließend den Glätterinnenberuf bei Frau Egli in Richterswil erlernen konnte. Vierzig Jahre lang war sie darnach zuständig für das Waschen und Bügeln der Kirchenwäsche. Das Bügeln und Glätten lag ihr im Blut, sie übte diese Tätigkeit mit großer Freude und Liebe aus – und es kam wohl nicht von ungefähr, dass es vor allem auch sie war, die im alltäglichen Zusammenleben die Wogen glättete bei Konflikten und Meinungsverschiedenheiten. Streit und Uneinigkeit waren ihr zeitlebens ein Dorn im Auge und sie war sich nie zu gut, für den Frieden einzustehen und sich entsprechend einzusetzen.
      Nach der Lehre hat sie bis zu ihrer Heirat zwei Jahre Bruder Josef auf dem landwirtschaftlichen Betrieb im Ried geholfen und verbrachte den Winter jeweils als Saisonangestellte in Pontresina.
      Am 25. August 1936 ist Serafine mit Karl Bachmann von der Felsen den Bund für’s Leben eingegangen. Er hat mit seiner bescheidenen, fröhlichen Art ihr Herz gewonnen und ihre große, gegenseitige Liebe hielt ein ganzes, langes Leben lang. Serafine zog ins Haus der Schwiegereltern in der Felsen, wo auch noch Bruder Toni zur erweiterten Familiengemeinschaft zählte. Es war nicht immer einfach für sie dieses «Hinein-heiraten», wie es damals hieß – dieses sich einordnen, unterordnen in eine engere Welt, als sie es sich gewohnt war. Doch mit der Unterstützung von Karl, ihrer positiven Lebenseinstellung und ihrer teilzeitigen Berufstätigkeit gelang es ihr, sich ein eigenes, unabhängiges Stück Leben zu erhalten.
      Der Ehe von Karl und Serafine wurden zwei Mädchen geschenkt, Rita kam 1940 auf die Welt, und neun Jahre später wurde ich als Nachzüglerin geboren. 1945 starb Serafines sehr gütige, liebevolle Mutter – so nah waren Leben und Tod.
      Serafine war eine gute Finanzverwalterin – so nahm sie in verschiedenen Vereinen das Amt der Kassierin wahr – und dank ihrer umsichtigen und sparsamen, jedoch nie knauserigen Art, gelang es ihr, mit dem sehr kleinen Lohn von Karl und ihren eigenen bescheidenen Einkünften, ihr Haus auf der Felsen in ein sehr gemütliches Daheim einzurichten.
      Auch Ihre Kontaktfreudigkeit pflegte sie in verschiedenen Vereinen, mit ihren Nachbarn und Freunden, und ganz besonders lag ihr das Zusammensein mit ihren Geschwistern und deren Familien zeitlebens sehr am Herzen.
      Sie hatte stets ein offenes Haus, offenen Augen und Ohren, offene Hände und ein offenes Herz für die Nöte und Sorgen von ihren Mitmenschen. Selbstverständlich stellte sie ihr Familie und ihr Heim als Ferienort zur Verfügung für erholungsbedürftige Kinder nach dem 2. Weltkrieg, für Waisenkinder vom Sankt-Antonius-Haus in Solothurn, und für Neffen, Nichten und Patenkinder und später für die Großkinder und die Großfamilienkinder von Helen und Schwiegersohn Roland. Sie hegte eine tiefe Liebe zu ihren drei Großkindern, denen sie eine humorvolle, lebenslustige  und liebevolle Großmutter war – stets bereit, sofort nach Trogen zu kommen, wann immer sie gerufen wurde und einzuspringen, wo sie gebraucht wurde. Da zu sein für alle, die sie brauchten, bügeln, nähen, backen, politisieren, jassen und wandern,  schöne Ausfahrten, und vor allem gemütliche und frohe Stunden im Kreise der Familie waren ihr Lebenselixier.
      Dreimal in ihrem Leben wagte sie den Sprung über den grossen Teich nach Amerika zu Tochter Rita – es war ihr wichtig, zu erfahren, wie und wo Rita lebte, und teilnehmen zu können an dieser ganz anderen, großen Welt.
      Ein ganz besonderer Schlüssel zu ihrem Lebensgeheimnis war ihre Liebe zu ihrem Garten, zu ihren Blumen. Mit der gleichen Freude und Hingabe, wie sie ihren Garten gepflegt hat, hat sie auch ihr Leben und das Leben unserer Familie gestaltet. Sie hatte die nötige Geduld, gab genügend Raum und Platz, Stütze und Vertrauen, pflegte alles mit viel Sorgfalt und Ausdauer, und vor allem mit viel Freude und Liebe. Diese Liebe und Wertschätzung durften auch wir das ganze Leben über in den verschiedensten Situationen immer wieder spüren und erfahren. Zog der Herbst ins Land, hieß es im Garten ernten, zurückschneiden – bereit machen für den Winter, für das lange Ruhen. Auch diesen Teil integrierte sie in ihr eigenes Leben – sie freute sich über alles Gelungene, über alles, was Früchte trug, konnte aber auch Verdorrtes annehmen, konnte den Herbst ihres Lebens annehmen und sich gut vorbereiten auf ihr eigenes langes Ruhen, im Wissen und Vertrauen, dass das Leben weitergeht. Dabei half ihr auch das lebenslange tiefe Gehalten- und Getragensein im Glauben und im Gebet.
      Schwer zu verkraften für Serafine waren in den letzten Jahren das stete Abschied nehmen müssen von ihren geliebten Geschwistern und deren Ehepartnern, ihren Schwiegereltern, die sie bis zu deren Tod betreute und pflegte,  und ihrem Schwager Toni. Der Kreis ihr lieber, nahestehender Menschen der gleichen Generation wurde immer kleiner.
      Im November 2001 stand Karl und Serafine der schwerste Schritt bevor – es hieß aus gesundheitlichen Gründen Abschied zu nehmen von ihrem geliebten Haus in der Felsen – Abschied zu nehmen vom eigenständigen, selbständigen Leben, Abschied von einer hilfsbereiten Nachbarschaft, Abschied vom Daheim. Nur zwei Monate dauerte der gemeinsame Aufenthalt im Alters- und Pflegeheim Gerbe in Einsiedeln, bis es im Januar 2002 für Serafine auch hieß, Abschied zunehmen von ihrem geliebten Karl.
      Es war eine harte und schwierige Zeit für sie, doch mit erstaunlichem Lebensmut und Lebenswillen gelang es ihr, in den vergangenen fünf Jahren im Altersheim Turm-Matt ihren eigenständigen Lebensabend zu gestalten. Eine große Hilfe und Unterstützung dabei waren ihr die vielen Besuche von Verwandten, Freunden und Nachbarn, die lieben «Gschpane» beim Jassen, am Tisch und im Nähstübli, und die liebevolle Betreuung des Personals vom Altersheim.
      Ganz besonders freute sie sich auch stets auf den Mittwoch, da wir zwei diesen Tag meistens in ihrer geliebten Felsen verbrachten und sie ihren Garten, ihre Blumen, ihr Häuschen und die lieben Nachbarn geniessen durfte. Ein Fest im Jahresablauf waren ihr auch die längeren Ferienaufenthalte und das Feiern von Weihnachten im Kreise unserer Familie in Trogen.
      Diesen Ausflügen setzte ein Sturz am Auffahrtstag vergangenen Jahres ein jähes Ende. Der damit verbundene Oberschenkelhalsbruch hat  nicht nur ihren Knochen tangiert – er brach auch ihren Lebenswillen, ihre Lebensenergie. Die wachen, lebendigen Äuglein begannen, an Glanz zu verlieren, die Beine wollten sie nicht mehr sicher tragen, das Zeitunglesen, die politischen Aktualitäten, das Interesse am Leben verlor langsam aber stetig an Bedeutung, ihr wacher Geist begann sich zur Ruhe zu setzen, – sie wandte sich nach innen, dem nächsten Leben zu. Sie sehnte sich je länger je mehr, dass ihr Karl sie doch holen komme – und am Gründonnerstag ist dieser Wunsch nach einem kurzen Spitalaufenthalt in Erfüllung gegangen – sie durfte als Letzte ihrer Höfliger-Generation heim zu all ihren Lieben, die ihr vorausgegangen sind – heim in der Hoffnung und Zuversicht, dass die tiefe Verbundenheit der Höfligerfamilie, die ihr selbst so viel Kraft gab und ihr so wichtig war, auch weiterhin bestehen bleibt.
      Für uns war es ein ganz besonderes Erlebnis, sie in der Karwoche, in dieser Zeit, wo Tod und Auferstehung so nahe sind, bis zu ihrem letzten Atemzug begleiten zu dürfen.
      Dir, liebe Mutter, danken wir für deine große Liebe, deine Offenheit und Großzügigkeit, deine Zufriedenheit, deine Toleranz, deinen starken Familiensinn und deine Bereitschaft, sich immer wieder neu auf’s Leben und die Mitmenschen einzulassen.
      Euch allen, die ihr unserer Mutter Gutes getan habt, danken wir – von ganzem Herzen! – für all die vielen Besuche, Ausfahrten, die gemütlichen Jassrunden, die Blumengrüße und Telefonanrufe, für eure Bereitschaft, sie teilnehmen zu lassen an eurem eigenen Leben, an eueren Freuden und Sorgen und für die liebevolle Pflege und Betreuung. Mutter wird es euch vergelten mit ihrer Verbundenheit und Liebe, die wohl weit über den Tod hinaus trägt und hält und uns untereinander und miteinander verbindet.

                                    14. April 2007   Helen.
 
 

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ANHANG


     
Prälat Franz Höfliger
*  1. Mai 1892
† 30. Juli 1985
 
In der katholischen Tagespresse erschien die nach-
folgende «Danksagung» zum ehrenden Gedächtnis
an einen Priester, Seelsorger und Missionar.
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  NEKROLOG

Prälat Franz Höfliger zum Gedenken
(1. Mai 1892 - 30. Juli 1985)

 

Mit Prälat Franz Höfliger ist ein Nestor des Schweizer Klerus in die Ewigkeit heimgerufen worden. Die Bezeichnung als «Nestor» durfte auf den Heimgegangenen wohl im Vollsinn des Wortes angewendet werden: So wie der griechische Held der Odyssee, der drei Menschenalter erreicht haben soll, ein kluger und redegewandter Kampfer war, so verkörperte Prälat Höfliger in seinem priesterlichen, seelsorgerlichen und missionarischen Wirken eine Persönlichkeit, die für eine ganze Generation von Geistlichen exemplarisch war. Klugheit und Eloquenz waren Talente, die ihm auf der großen Pilgerfahrt durch dieses Leben wohl zustatten kamen. Die Fülle der Tage, mit der ihn Gott segnete, bot ihm Gelegenheit für ein weitgespanntes Wirken, das man mit Fug und Recht als ein mehrfaches Lebenswerk bezeichnen darf.
      Der Herr über Leben und Tod rief seinen treuen Diener heim in die Ewigkeit, nachdem er wenige Tage vorher, am 18. Juli, das seltene Fest des «steinernen Priesterjubiläums» hatte feiern können. Wahrend vollen 70Jahren hat sich Franz Höfliger unermüdlich und begeistert in den Dienst seines Herrn und Meisters gestellt. Es fallt nicht leicht, dieses gesegnete und beispielhafte Lebenswerk in einem kurzen Nachruf zu würdigen. In einer noch zu schreibenden Biographie über den «Bettelprälaten Franz Höfliger» soll diese lautere und faszinierende Priestergestalt naher geschildert werden. In dieser bescheidenen Darstellung seines Lebensweges sei Franz Höfliger als Priester, Seelsorger und Missionar gezeichnet.
      Prälat Franz Höfliger war mit Leib und Seele Priester. Wie er in seinen persönlichen Notizen schreibt, hatte er schon als Bub in den untern Schulklassen den Entschluss gefasst, Priester zu werden. Er stammte aus einer kerngesunden, robusten Höfnerfamilie – sein Vater war ein kräftiger Schiffsmann auf dem Zürichsee, seine Mutter eine energisch-gütige und tiefreligiöse Frau. Franz ging gradlinig den Weg zum Priestertum, indem er nach der Volksschule das Gymnasium in Einsiedeln besuchte und mit der Matura abschloss. Sein Berufsziel war, als Missionar in Afrika Oder Asien zu wirken. So trat er 1913 ins «Institut des Missions Africaines» in Lyon ein. Der Ausbruch des ersten Weltkrieges zwang ihn, Frankreich zu verlassen. Er setzte die theologischen Studien am Priesterseminar in St. Luzi in Chur fort und empfing dort die Priesterweihe. Am 1. August 1915 feierte er in der Pfarrkirche St. Verena in Wollerau sein Erstlingsopfer. Der Festprediger, Dr. Antonius Gisler, späterer Weihbischof von Chur, hielt ihm die Primizpredigt mit dem Losungswort: «Ihr sollt meine Zeugen sein bis an die Grenzen der Erde.» Für den Neupriester wurde dieses Motto zum Lebensprogramm.
      Sein ganzes Priesterwirken stand im Zeichen der Eucharistie. «Dank» war ihm nicht ein Wort, sondern eine Haltung. Aus der täglichen Eucharistiefeier holte er sich Kraft für sein immenses Arbeitsprogramm. Bis auf wenige Krankheitstage hat er bis zur Vollendung seines Lebens jeden Tag die heilige Messe zelebriert. In der Vereinigung mit Christus wiederholte er immer wieder sein «adsum», auf dem er seine priesterliche Wirksamkeit aufbaute. Er wurde im besten Sinn des Wortes ein Original – seine Frohnatur, seine Begeisterungsfähigkeit, seine strahlende Offenheit, seine natürliche Autorität machten ihn in weiten Kreisen beliebt. In der Kraft des Opfers wusste er auch seine Enttäuschungen, seine Probleme, seine Leiden, seine bitteren Erfahrungen zu tragen. «Nie in meinem Leben habe ich an meinem katholischen Glauben gezweifelt», hat er einmal bekannt. Jede Eucharistiefeier wurde ihm zur persönlichen Danksagung – für seinen Priesterberuf, für die Menschen, die ihn auf seinen Wegstrecken begleiteten, für die Aufgaben, die ihm aufgetragen wurden, für die Wohltaten, die ihm zuteil geworden sind oder die er an andern leisten durfte. Noch am Tag seines Heimganges hat er – mit letzten physischen Kräften – die heilige Messe gefeiert und sein priesterliches Leben in die große Eucharistia Christi hineingeschenkt.
      Prälat Franz Höfliger war begeisterter Seelsorger. In allem, was er in seinem langen Wirken unternahm und ausführte, ging es ihm um das Heil der Seelen. Sein Berufsideal, als Missionar in fernen Ländern eingesetzt zu werden, blieb in dieser Form unerfüllt. Gott wollte ihn als «missionarischen» Seelsorger in der Heimat haben, hat er selbst in einem Lebensrückblick gesagt. Der Bischof sandte den Neupriester als Vikar nach Rüti-Tann (1917-1920), wo er sich in leidenschaftlicher Weise besonders der Arbeiter annahm. Von seinen flammenden Reden in Arbeiterversammlungen gingen starke Impulse auf die christliche Gewerkschaftsbewegung aus. Er verstand es, die seelsorgerlichen Anliegen mit der sozialen Frage jener Nachkriegsjahre zu verbinden. Wenn der Bischof seinem draufgängerischen Franz Höfliger in den folgenden Jahren nicht eigentliche Pastorationsaufgaben anvertraute, sondern ihn als Sekretar und Kanzler nicht nur in der Diözese, sondern über den Ozean nach Amerika reisen ließ, blieb seine wesentliche Berufsintention doch immer die Sorge für das Heil der Seelen. Er war ein gesuchter Prediger, Exerzitienmeister und Vortragsredner. Er sprach an amerikanischen Katholikentagen und im Radio der USA und in Kanada. – Die Enge der Kanzlei in Chur vermochte den seelsorgerlichen Eifer Franz Höfligers nicht zu befriedigen. Der Bischof vertraute ihm 1938 die Aufgabe an, in Stäfa am Zürichsee eine neue Pfarrei zu gründen. In einer Fabrikwohnung bezog er Quartier, in einem Fabriksaal feierte er die heilige Messe. Nach zehn Jahren konnte in Stäfa die St. Verenakirche eingeweiht werden. Ein Jahr später wanderte der Unermüdliche weiter: In Schwamendingen, einem stark wachsenden Vorort Zürichs, galt es, eine neue Pfarrei zu gründen. Auch in diesem Quartier, das durch sein unbeschreibliches Wachstum berühmt wurde, gelang es ihm, zunächst eine Gottesdienststätte und dann eine große Kirche zu bauen, für die man den heiligen Gallus zum Patron erkor. Nicht so sehr der Erfolg, in so kurzen Jahren zwei Kirchen gebaut zu haben, war Franz Höfligers anerkannte Leistung, sondern vielmehr sein seelsorgerliches Wirken, seine Hausbesuche, seine Predigttätigkeit, sein Presseapostolat, seine Bettelfahrten auf beinahe alle Kanzeln der deutschen Schweiz wurden für ihn sprichwörtlich. Man konnte seinen Pastorationsstil nicht imitieren – für ihn war er aber gültig und echt und entsprach seinem brennenden Eifer, die ihm anvertrauten Seelen zum Heil zu führen. Franz Höfliger behielt zeitlebens eine von Herzen kommende Naivität, wenn wir dieses Wort in seinem Vollsinn nehmen – er war ein unbefangener, offener, natürlicher Charakter, der ohne Hintergedanken das meinte, was er sagte, und in einem bewundernswerten Sinne kindlich, treuherzig, arglos und vielleicht auch manchmal undiplomatisch die Botschaft seines Herrn vertrat. Gerade dies machte Franz Höfliger so beliebt und stempelte ihn zu jenem Original, von dem schon zu Lebzeiten ungezählte Anekdoten kursierten. Obwohl er – wie er selbst sagte – «katholisch bis auf die Knochen war», fand er in seiner offenen Art den Zugang zu den Andersgläubigen, die ihn ebenfalls sehr schätzten und hoch verehrten. – Als er mit 75 Jahren auf die Pfarrei St. Gallus in Schwamendingen demissionierte, wollte er nicht einfach ein «otium cum dignitate» gestalten, sondern übernahm die Betreuung der betagten und kranken Schwestern im Josefshaus in Ingenbohl, wo er weiterhin ganz Seelsorger blieb, bis ihn seine körperlichen Kräfte verließen und er sich selbst in die treue Obsorge der Schwestern begeben musste. Wie oft hat er diese gütigen und barmherzigen Schwestern von Ingenbohl gelobt und ihnen herzlich gedankt. Dieser Dank mochte auch an dieser Stelle ausgedrückt sein: Prälat Höfliger nahm es nicht als selbstverständlich an, dass ihm soviel Güte und Hilfe geschenkt wurde.
      Prälat Franz Höfliger war aber zeitlebens ein Missionar, auch wenn sein Wunschtraum, in Afrika oder Asien Missionsarbeit zu leisten, nicht in Erfüllung ging. Als junger Priester baute er seit 1920 das neugegründete Missionssekretariat auf und leistete einen großen Einsatz bei der Schweizerischen Missionsgesellschaft Bethlehem. «Berühmt» wurde Franz Höfliger dann wegen seiner vier «Missionsreisen» durch die Vereinigten Staaten, bei denen es vordergründig um Bettelreisen für die Missionswerke und die Diözese Chur ging, die ihm aber zutiefst doch Gelegenheit boten, «geistliche Missionsarbeit» zu vollbringen. Es ist bewegend und ergreifend, in seinen Reisenotizen zu lesen und in der riesigen, noch erhaltenen Korrespondenz jener Jahre zu blättern. Die «Bildergeschichte» hat ihm auf den letzten Reisen, wie er selbst bekennt, manche schlaflose Nacht verursacht, galt es doch, eine dem Bischof als Pfand übertragene Bildersammlung in den Vereinigten Staaten zu verkaufen. Von diesen mühseligen Kollektenfahrten kreuz und quer durch Amerika hat ein Mitbruder einmal gesagt: «Prälat Höfliger verstand es, die Herzen zu bewegen, die Menschen zu begeistern, die Botschaft Christi gründlich auszulegen und ‘last but not least’ die Portemonnaies für die Missionen und die Diözese zu öffnen». Es waren im Laufe der Jahre bedeutende Beträge, die Franz Höfliger in die Schweiz überweisen konnte: es war wohl über eine Million damals guter Schweizerfranken! Für sich selbst lebte der «Bettelprälat» derart anspruchslos und bescheiden, dass man über seine Selbstlosigkeit nur staunen konnte. Es machte ihm Freude, alles, was er geschenkt erhielt, wiederzuschenken. Andern Freude zu bereiten, war ihm persönlich die tiefste Beglückung. Er wusste sich auch in dieser Hinsicht als «Missionar» – ein Gesandter der Liebe Gottes,
      Am 3. August 1985 fanden sich in der Klosterkirche von Ingenbohl viele Trauergaste ein, um von Prälat Franz Höfliger Abschied zu nehmen. Diözesanbischof Johannes Vonderach zelebrierte mit 4l Mitbrüdern die heilige Eucharistie – Gott dankend, dass er uns diese eindrucksvolle Priestergestalt erleben ließ, dem Heimgegangenen dankend, dass er sich mit Leib und Seele in seiner Priesteraufgabe aufopferte. Seine Hingabe, seine Begeisterung, sein rastloses Wirken werden uns ein Vorbildbleiben. Sein Andenken werden wir in lieber Erinnerung bewahren.
 
 
  ANMERKUNG
Aus der thematischen Giederung des obigen Nekrologs resultiert ein zeitliches Durcheinander.
Mit dem Link «LEBENSDATEN» gelangt man zu einem JPEG-Dokument, das den Lebenslauf zeitlich geordnet darstellt.
 
QUELLE
Guido J. Kolb, «Franz Höfliger – der Bettelprälat»
Kanisius Verlag Freiburg, 1988

 
 

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